ENGAGIERT 35akzente 3/15 > AnsprechpartnerIN Reinhild Renée Ernst > reinhild.ernst@giz.de GUTE AUSSICHTEN AUF BeschäftigunG Projekt: Ausbildung von Arbeitskräften aus Vietnam zu Pflegefachkräften Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie POLITISCHER TRÄGER: Vietnamesisches Ministerium für Arbeit, Invalide und Soziales LAUFZEIT: 2012 BIS 2016 In einem Pilotprojekt absolviert seit Herbst 2013 eine Gruppe von 100 jungen Vietna- mesinnen und Vietnamesen eine Ausbildung zur Altenpflegefachkraft. Nach einem staatlich geförderten Sprachkurs beim Goethe-Institut in Hanoi werden sie in Pflege- einrichtungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Niedersachsen ausgebildet. Berufsbegleitende Sprachkurse und interkulturelle Programme erleichtern das Ankom- men. Fachnahe Koordinatoren und vietnamesischsprachige Mentoren stehen den Aus- zubildenden und ihren Praxispartnern vor Ort zur Seite. Der erfolgreiche Pilot wird seit August 2015 fortgeführt. Dafür haben 100 neue Aus- zubildende ein Jahr lang Deutsch gelernt. Vietnam hat eine sehr junge Bevölkerung – bei weitem nicht alle, die auf den dortigen Arbeitsmarkt strömen, finden eine Be- schäftigung. Vietnam fördert deshalb offiziell die Auslandsbeschäftigung seiner Bürger. Viele junge Menschen sind an einer Ausbildung und einer anschließenden Stel- le in Deutschland interessiert. Das Projekt nutzt dafür bestehende Verbindungen zu vi- etnamesischen Verwaltungen. Für die deutsche Wirtschaft ergeben sich Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten. Die Auszubildenden werden in Zusammenarbeit mit dem vietnamesischen Arbeitsministerium und der Zentralen Auslands- und Fachver- mittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit ausgewählt. www.giz.de/de/weltweit/18715.html höhe ist. Stimmt ein Lied an, in das Hilde- gard S. sofort einfällt: „Kein schöner Land in dieser Zeit …“ Das hat Ngan in der Berufs- schule gelernt. Ebenso wie die Sprichwörter zum Gedächtnistraining. „In der Nacht …“, gibt die Vietnamesin vor, „… sind alle Kat- zen grau“, vollendet Hildegard S. Ngan liebt es, die alten Damen zu frisie- ren, ihnen die Nägel zu lackieren und beim Auftragen von Lidschatten und Lippenstift zu helfen. Dann kichern sie zusammen, wie Freundinnen. Viel Zeit bleibt dafür aller- dings nicht, der Arbeitstag ist durchgetaktet. Nach dem Frühstück geht sie als Erstes zu den Bettlägerigen: Gemeinsam mit einer Kollegin gibt sie ihnen zu essen, wäscht sie und wechselt ihre Einlagen. Anschließend stellt sie Medikamente zusammen. Dann wird das Mittagessen vorbereitet. Ngan bin- det sich eine weiße Plastikschürze um und füllt Suppe ab: links die Kelle, rechts die Tas- sen. Sie sieht müde aus. Fast alle Teilnehmer wollen in Deutschland bleiben Was tut sie, wenn sie gegen 15.30 Uhr nach Hause kommt? „Ausruhen“, fällt ihr als Ers- tes ein. Mit den drei anderen Vietnamesin- nen, die ebenfalls im Leonhard-Henninger- Haus ausgebildet werden, teilt sie sich eine Dreizimmerwohnung. Da hören sie Musik und spielen mit ihren Handys, skypen mit ihren Familien in Vietnam, und abends ko- chen sie zusammen: Reisgerichte und Pho, die traditionelle vietnamesische Nudel- suppe. Im vergangenen Jahr besuchten sie gemeinsam eine Landsmännin in Paris. Ein seltener Luxus, denn die jungen Frauen tun sonst alles, um zu sparen und ihre Verwand- ten daheim zu unterstützen. „Die Erwartungen der Familien sind hoch“, weiß Heimleiter Chylek. Entspre- chend groß seien Disziplin und Fleiß der Auszubildenden. „Selbst bei der Nikolaus- feier wollten sie mit mir über die Grund- züge der Palliativversorgung diskutieren.“ Keiner der 100 Teilnehmer brach vorzeitig ab, fast alle wollen bleiben. Auch Ngan. Wenn sie die Prüfungen besteht, ist ihr – ebenso wie den übrigen – eine Stelle sicher. Weitsichtig sagt sie: „Wenn ich hier eine Fa- milie gründe, haben meine Kinder bessere Aussichten.“ Dafür ist sie auch bereit, das Heimweh zu ertragen, das sie immer wieder überfällt. Im August kam die zweite Gruppe aus Vietnam. Schwächen des ersten Durchgangs wurden korrigiert: Unter anderem haben die Neuen ein ganzes Jahr Deutsch gelernt. Chylek ist von der Fortführung des Projekts begeistert: „Ich nehme wieder vier.“ Tan- dems will er bilden, die Neuankömmlinge anleiten lassen von den Pionieren. Für Ngan wird es eine Bestätigung sein, wie weit sie gekommen ist.