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GIZ-Akzente-4-15-Deutsch

ENGAGIERT 37akzente 4/15 Riesige Brände gefährden die artenreichste Savanne der Welt in Brasilien. Klima und ­natürliche Vielfalt sind bedroht. Ein innovatives Projekt ändert das. Löschen mit feuer F lug SLX6414 konnte nicht landen: „Heute morgen musste der Flugplatz schließen wegen Rauchschwaden, die von Buschfeuern aus dem Cerrado stam- men.“ Meldungen wie diese aus Palmas im Bundesstaat Tocantins sind keine Seltenheit in Nord- und Zentralbrasilien, überall da, wo sich der Cerrado erstreckt. Der Cerrado, die trockene Baum- und Strauchsavanne, mit zwei Millionen Quadratkilometern sechsmal so groß wie Deutschland. Der Cerrado, durch dessen immer wiederkeh- rende Flächenbrände 40 Prozent der CO2 - Emissionen Brasiliens entstehen. Auf dem graugrünen Landmeer schei- nen die Tafelberge wie düstere Schollen zu schwimmen, sie tauchen auf und gleiten un- ter den Horizont, je weiter die holprige Piste über die sandigen Bodenwellen führt. Nach vier, fünf gerüttelten Stunden Fahrt von Palmas in die Weiten des Cerrado ein paar Hütten: Mateiros, 3.000 Seelen nahe dem Tafelberg, den sie „Jalapinha“ nennen – nach der „Echten Wunderblume“ Mirabilis jalapa, deren Wurzelsud die Menschen hier gegen Bauchschmerzen trinken. Rejane Ferreira Nunes stammt aus Ma- teiros. Heute ist sie verantwortlich für die Schutzzone Jalapão, zuvor hat sie in zahlrei- chen Umweltinitiativen gearbeitet. „Wir müssen die Natur schützen und sie zugleich nutzen“, das ist ihr Credo. Die Natur schützen: Brasilien hat sich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um rund 40 Prozent zu reduzieren. Das geht nur, wenn die Flächenbrände im Cerrado kontrolliert und verhindert werden. Und da der Cerrado die weltweit arten- reichste Savanne ist, ist hier Klimaschutz zu- gleich Artenschutz. Gestern rußige Hölle, heute pure Schönheit Doch wie kann das funktionieren? „Noch vor wenigen Jahren dachte man, es genüge, die Brände zu bekämpfen“, sagt Michael Scholze von der GIZ, der ein Projekt zur Kontrolle von Bränden im Cerrado leitet. „Das war wie bei Sisyphos und half nicht weiter. Denn je- des Mal, wenn die Brände ausgetreten wor- den waren, kamen sie mit vielfacher Wucht später wieder. Man sah sich zu einem regel- rechten Feuermanagement gezwungen.“ Seit 2011 setzt die GIZ nun im Auftrag des Bun- desministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gemeinsam mit dem brasilianischen Umweltministerium ei- nen innovativen Ansatz um. „Es ist ein Paradigmenwechsel“, bestä- tigt der Biologe Francisco Oliveira. Im Um- weltministerium leitet er die Abteilung zur Bekämpfung der Abholzung. Er fasst das neue Konzept in einem Satz zusammen: „Entweder kontrollieren wir das Feuer, oder das Feuer kontrolliert uns!“ Anders ausge- drückt: „Schlechtes“ Feuer soll durch „gu- tes“, kontrolliert gelegtes Feuer bekämpft werden. Dafür wird moderne Satellitentech- nik einbezogen, die aktuelle Daten zu Brän- den und Treibhausgasemissionen liefert. Die Feuer werden zu einer Jahreszeit gelegt, in der Bäume und Pflanzen noch nicht allzu tro- cken sind. So sollen unbeherrschbare Brände am Ende der trockenen Periode, wenn das Feuer viel mehr Nahrung findet, verhindert werden. Dadurch gibt es weniger Schäden in der Natur und weniger Emissionen. Die Landschaft Jalapão heute: turmhohe goldgelbe Wanderdünen, kristallklare Wild- wasser. Noch 2014 war die Gegend eine ru- ßige Hölle: Fast der gesamte Park – mit 1.580 Quadratkilometern doppelt so groß wie Hamburg – wurde ein Opfer der Flammen. Die Brände hatten offenbar Bauern verur- sacht, die das Feuer für landwirtschaftliche Zwecke einsetzten. „Satellitenaufnahmen ha- ben uns auf die Spur gebracht“, sagt Warley Rodrigues, ein früherer Parkmanager. Kilometerweit steigt die Rauchsäule in den Himmel Kann man die Verursacher nicht bestrafen? Kann man nicht die Feuer im Cerrado ver- bieten? Genau das hat man jahrelang ver- sucht – und ist gescheitert. Denn erstens hat es naturbedingt immer Feuer im Cerrado ge- geben, etwa durch Blitzeinschläge. Zweitens nutzen die weit verstreuten Siedler das Feuer Kahlschlag: Die Feuerwalzen zerstören in kurzer Zeit viele Quadratkilometer Land. Doch neue Ideen zur Bekämpfung bringen erste Erfolge. TEXT CARL D. GOERDELER FOTOS WERNER RUDHART

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