AKZENTUIERT akzente 4/15 17 habt, um selbst bis nach Europa zu gelangen. Doch noch will er in Agadez weitermachen. Ist Demba nun ein Flüchtling oder ein Schlepper? Die Unterschiede verwischen hier in der Wüstenstadt. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Leuten, denen ich helfe“, sagt Demba. „Ich werde weiterempfohlen.“ Mit manchen, die es bis nach Italien geschafft haben, sei er noch über das soziale Netzwerk Facebook in Kontakt. Durch Agadez gehen laut der Internationalen Organisa- tion für Migration rund 90 Prozent der Flüchtlinge und Migranten aus Westafrika, die nach Europa wollen. Sie alle fliehen vor der Armut, dem Krieg oder einem repressiven Staat. Gambias Diktator Yahya Jam- meh, der das Land seit seinem Putsch 1994 regiert, droht damit, Schwulen „den Kopf abzuschneiden“, und lässt Oppositionelle oder jene, die zu solchen erklärt werden, in Gefängnissen foltern. „In Gambia gibt es keine Perspektive“, sagt Demba, „und die Polizei hat mich wie Dreck behandelt.“ Gambia ist ein Begriff geworden, seit so viele Flüchtlinge das heruntergewirtschaftete Land in Rich- tung Norden verlassen – und weil ihr Ziel Europa ist. Doch im Vergleich zu dem, was sich im Rest der A bubakar Demba steht vor einer Filiale der Geld- transferfirma Western Union in Agadez und wartet auf sein Geld. Seit zehn Monaten ist der 29-Jährige mit den kurzen Rastazöpfen schon in Niger am Rande der Sahara. Eigentlich wollte der junge Gambier über Mali, Burkina Faso und Niger sofort weiter nach Libyen. Aber ihm war unterwegs das Geld ausgegangen. Um sich seine Fahrt zu verdienen, arbeitet er als Vermittler und Übersetzer. „Ich habe heute zwei Kunden aus Ghana und Gambia“, sagt Demba. In Agadez hat er sich mit einem örtlichen Pick-up- Fahrer zusammengetan und wirbt Flüchtlinge an. Mit ihnen fährt er nun jede Woche von hier aus nach Mur- zuq in Libyen. „Ich übersetze für die Flüchtlinge und organisiere alles“, sagt Demba. Für jede Tour erhält er 500 Libysche Dinar, rund 330 Euro. Nach fünf bis zehn Fahrten hätte er eigentlich genug Geld beisammenge- Mit zähem Willen in ein neues Leben Seit dem Zweiten Weltkrieg haben sich nicht mehr so viele Men- schen auf die Flucht begeben wie heute. Sie wollen Konflikte, Ge- walt, aber auch Hunger und Armut hinter sich lassen. Die meisten bleiben zunächst in ihrer Region. Text Jochen STAHNKE Banger Blick zurück und volle Geschwindigkeit nach vorn: Glücklich, wer mit dem Auto fliehen kann. Vielen anderen bleiben nur ihre eigenen Füße. » fotoS:GettyImages/ROBERTOSCHMIDT(S.14/15),REUTERS/STRINGER(s.16) akzente 4/1517