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GIZ-Akzente-2-15-Deutsch

ENGAGIERT 37akzente 2/15 D er Steg aus Bambus ist nur einen halben Meter breit. Bei jedem Schritt quietscht und schwankt er ein wenig. Thach Soal geht den hölzernen Weg entlang und zeigt auf den Boden. „Bis 1992 standen hier Häu- ser“, so der 66-jährige Bauer, „doch sie sind bei einem schweren Sturm zerstört worden.“ Nichts deutet mehr darauf hin, dass es an dieser Stelle einmal Gebäude gab. Stattdessen wächst ein dichter Mangrovenwald, mit bis zu zwei Meter hohen Pflanzen. Ihre fächerar- tigen Wurzeln haben sich tief in den Boden gegraben. Der etwa kniehohe Steg soll ver- hindern, dass Dorfbewohner auf dem Weg zum Meer die Wurzeln beschädigen. Das Dorf Au Tho B in Vietnams Me- kongdelta ist Schauplatz eines Feldversuchs. Dabei sollen Mangroven das Voranschreiten des Meeres stoppen und das dahinterliegende Land schützen. Nationale und lokale Behör- den sowie die Anwohner der betroffenen Küstendörfer sind daran beteiligt. Die Region ist vom Klimawandel beson- ders stark bedroht. Der Weltklimarat hat Viet­nam sogar als eines der am stärksten be- troffenen Länder identifiziert. Weite Teile des Mekongdeltas liegen weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel. Sein Ansteigen und die immer häufiger auftretenden Wetterex­ treme gefährden die Region zunehmend. Wenn bei hohen Fluten oder Stürmen Meer- wasser auf die Felder spült, werden diese auf Jahre hin unbrauchbar – und das in der dritt- größten Wirtschaftsregion Vietnams, einem wichtigen Anbaugebiet für Reis. Auch die Bevölkerungsdichte ist hoch: Rund ein Fünf- tel der Einwohner des Landes lebt hier, etwa 17 Millionen Menschen. Die schützenden Mangroven endeten häufig als Brennholz Vietnams Behörden sind sich des Problems seit langem bewusst. Bereits in den 1990er Jahren begannen sie, zerstörte Mangroven- wälder entlang der Küste wiederaufzuforsten. In Au Tho B war von dem natürlichen Wald, der sich in diesem Teil Vietnams einmal na- hezu entlang der gesamten Küste erstreckte, seinerzeit nichts mehr übrig. Doch die neu angepflanzten Mangroven hatten es schwer. „Die Leute haben damals keine Rücksicht ge- nommen“, sagt Thach Soal. Viele von ihnen hätten, obwohl es verboten war, die Mangro- ven gefällt und als Brennholz genutzt oder auf dem Markt verkauft. Die Folge: Der Mangrovenwald blieb dünn und konnte dem immer weiter voranschreitenden Meer kaum etwas entgegensetzen. Die Behörden haben schon viel erreicht, sagt Christian Henckes von der GIZ in Ha- noi, „aber einige Dinge laufen nicht opti- mal“. So seien die falschen Mangrovensorten gepflanzt worden. Auch gebe es zu wenig Geld, um flächendeckend alle offenen Stellen mit Mangroven zu bestücken. Schließlich sei den Menschen vor Ort oft nicht bewusst ge- wesen, wie wichtig die Mangrovenwälder für ihren Lebensraum seien. Das habe das Pro­ blem weiter verschlimmert. Die GIZ verfolgt daher seit 2011 im Auf- trag des Bundesministeriums für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwicklung und mit Hilfe einer zusätzlichen Finanzierung durch die australische Regierung einen ande- ren Ansatz: Die lokale Bevölkerung wird in die Bewirtschaftung der Mangroven direkt einge- bunden. „Die Leute haben ein Interesse daran, dass der Wald erhalten bleibt“, sagt Henckes, „denn sie profitieren von ihm.“ Die Bewohner der Küstendörfer, die an der Wiederauffors- tung beteiligt sind, erhalten privilegierten Zu- gang zu dem Mangrovenwald. Nur sie dürfen in ihm totes Holz sammeln und Krabben, Fi- sche und andere Meerestiere fangen. Gleich- zeitig ist es die kostengünstigste Art, den Wald zu bewirtschaften. Das Meer wird wieder auf Abstand gehalten In Au Tho B hat dieser Ansatz offensichtlich funktioniert. Der insgesamt 450 Meter lange Bambussteg reicht etwa 50 Meter weit über den Mangrovenwald hinaus in das flache Schwemmland hinein. Auch hier stehen ver- einzelte Mangrovenbäume, die auf natürli- » Die Farbe der Zuversicht: Grün wuchern die Mangroven – in die Höhe und hinaus Richtung Meer. Den Bauern Thach Soal freut es. Vietnam ist eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. Die GIZ hilft ­Küstenbewohnern, sich gegen zunehmende Wetterextreme zu wappnen. DER WALd kehrt zurück Ins MEKONGDELTA TEXT UND FOTOS Daniel Becker

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