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GIZ-Akzente-2-15-Deutsch

ENGAGIERT 33akzente 2/15 Junge Menschen in den Palästinensischen Gebieten finden kaum qualifizierte Arbeit. Das Beispiel einer Zuckerbäckerin zeigt, wie die GIZ ihre Chancen verbessert. SÜSSE BERUFUNG TEXT SUSANNE KNAUL FOTOS Naftali Hilger I m Halawi-Croissant treffen sich Orient und Okzident. Die süße Halwa-Füllung aus Sesamsamen, umhüllt von knuspri- gem Blätterteig, ist eine Spezialität in der Bäckerei „Omar“ im Stadtzentrum von He- bron. Seit sieben Uhr früh wird gebacken. Die mit Erdbeerkonfitüre und Schokolade gefüllten Croissants sind schon fertig, die Karamellkekse liegen zum Verzieren mit Kokosnusssplittern bereit. Omar Sider, der Chef der Konditorei, setzt sich mit seiner Auswahl ab vom traditionellen Gebäck in Hebron, wo die arabischen Baklavas ver- breiteter sind. Schon sein Laden fällt aus der Reihe in der eher konservativen Stadt 30 Ki- lometer südlich von Jerusalem. Hinter der hellen Glasfront schmücken grellgrüne Re- gale und Tische die wenige Monate alte Konditorei. Von Anfang an mit dabei: die 27-jährige Renal Qawasmeh, die im oberen Stock Kekse aussticht, backt, mit Füllungen versieht und bunt dekoriert. Sie ist das pro- fessionelle Herz des Teams, das aus drei Männern und einer Frau besteht: ihr selbst. Qawasmeh ist eine der ersten Kondito- rinnen in der Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern. Die Muslimin trägt einen Kit- tel über dem Kleid, dazu ein schwarz-rotes Kopftuch. Ihre Backstube ist blank geputzt, bunte Zuckerstreusel, gehackte Nüsse und Schokoladenbrocken warten, in Plastikbe- hältern hygienisch verpackt, auf ihren Ein- satz. Die junge Frau ist mit erkennbarer Freude bei der Sache. Gerade prüft sie die Konsistenz einer Creme aus weißer Schoko- lade, die sie auf einer Herdplatte erhitzt, und gibt einem Kollegen Anweisung, ein fertiges Blech in den Laden hinunterzutra- gen. Man ahnt kaum, dass man es hier mit einer Berufsanfängerin zu tun hat. Täglich bis zu 30 Kilogramm Kekse kommen aus ih- rem Backofen, zusätzlich zu den Torten und Sonderbestellungen. „Ich liebe es, mit den Händen zu arbeiten“, sagt Qawasmeh. „Du siehst am Ende eines Arbeitstages, was du geleistet hast.“ Studienplätze sind begehrt, doch die Jobaussichten mager Kurze Zeit später stattet sie ihrem früheren Ausbildungsort einen Besuch ab. Sie gehört zum dritten Jahrgang, der eine Qualifizie- rung für Konditoren absolviert hat. Der Kurs ist Teil der Förderung beruflicher Chancen in den Palästinensischen Gebie- ten, die die GIZ im Auftrag des Bundesmi- nisteriums für wirtschaftliche Zusammenar- beit und Entwicklung umsetzt. In dem teil- weise zur Berufsschule umfunktionierten Waisenhaus finden weitere Kurse statt. Gleich neben Qawasmehs altem Klassen- zimmer, wo nun die nächsten Zuckerbäcker unterrichtet werden, lernen junge Palästi- nenser das Kochen, eine dritte Gruppe lernt das Servieren. Herzlich begrüßt Rania al-Musleman ihre ehemalige Schülerin, als diese die Großküche betritt. Hier übte sich Qawasmeh vor gut ei- nem Jahr noch in der Kunst des Backens. Die Lehrerin trägt über ihrem Kopftuch eine Bä- ckermütze, auf die in Rot der Buchstabe „R“ gestickt ist. Die Mütze verleiht der ohnehin charismatischen Frau zusätzliche Autorität. „Komm, hilf mir“, fordert die Lehrerin Qa- wasmeh auf. Diese leiht sich einen Kittel und gemeinsam demonstrieren die beiden Frauen, wie man mit kleinen Kellen Zuckerwasser über die frisch gebackene Baklava verteilt. Bis zur Prüfung müssen die Auszubildenden bei- des beherrschen: das traditionelle arabische Gebäck und die westlich orientierte Kondi- torei. Dazu kommen Hygienekunde und Nahrungsmittellehre. Die nach Geschlechtern getrennten Klassen der angehenden Konditoren, der Kö- che und vor allem der Kellner hätten noch Kapazitäten frei. Das liegt nicht an den Kos- ten. Die Auszubildenden zahlen für den ge- samten Kurs eine symbolische Summe von umgerechnet kaum 300 Euro. „Der Bereich Dienstleistungen gilt als wenig attraktiv“, er- klärt der Lehrer Islam Abu Alfilat und seufzt. Er ist für die Ausbildung im Servicebereich zuständig. „Manche Leute denken, dass Kell- nern kein Beruf ist.“ Hebron ist, was das Handwerk betrifft, vor allem für Glasbläserei, handgefertigte Keramiken und Lederpro- dukte bekannt. Doch wer es sich in Hebron irgendwie leisten kann, schickt seine Kinder lieber zum Studium an eine Universität, trotz der mageren Aussichten auf einen Arbeits- » Die richtige Wahl: Die studierte Grafikdesignerin Renal Qawasmeh schulte zur Konditorin um. Der Beruf macht ihr Freude und bringt mehr ein.

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