42 akzente 1/15 mer mehr, vor allem wohlhabendere Inder ver- langen nach Biokost. „Wir können gerade zehn Prozent der Nachfrage stillen“, sagt Shetty. Er ist Überzeugungstäter. „Ich bin Bauernsohn. Der Anbau war organisch in meiner Kindheit“, erzählt er. „Die Nahrung, die wir heute essen, ist nicht gesund.“ Der Kunstdünger mache außerdem die Böden ka- putt – die Bauern bräuchten immer mehr Dünger und Wasser. Der schädliche Einfluss von Chemikalien auf Umwelt und Gesundheit ist ein Hauptar- gument gegen ihren Einsatz. Ein weiteres sind mangelhafte Pestizid-Gesetze und unsachge- mäßer Gebrauch. Im Sommer 2013 starben im Bundesstaat Bihar 23 Kinder nach einem Schulessen, weil das Kochöl in einem alten Pes- tizid-Behälter gelagert worden war. Doch In- dien glaubt, ohne Pestizide könne es seine 1,2 Milliarden Einwohner nicht satt bekommen. Die Hälfte der Kinder bis fünf Jahre gilt als mangelernährt, Hunderte sterben jeden Tag an Hunger und seinen Folgen. Pestizide seien si- cher, wenn sie richtig angewendet würden, meinen die Verantwortlichen in New Delhi. Biobauern wie Ramaiah HG zeigen, dass es auch ohne Pestizide geht. Mehr noch: dass es ohne sie sogar besser gehen kann. Wie viele Südinder hat der 60-Jährige keinen Familien- namen, wie man sie im Westen kennt. H steht term Strich verdiene er rund 60 Prozent mehr mit dem Bioanbau, rechnet er vor. Er hat ein Handy, einen Kühlschrank, einen Fernseher – und vor einem Jahr ein neues, hübsches Haus gebaut. „Ich bin glücklich mit meinem Le- ben“, sagt er. Und ist kein Einzelfall: Ähnliche Geschichten erzählen auch andere Biobauern aus der Region um Bangalore. Dennoch scheuen sich noch viele Far- mer, auf Bio umzusteigen. Ein Grund dafür ist die schwierige Phase der Umstellung: Die an Dünger gewöhnten Böden brauchen meh- rere Jahre, um sich zu erholen, und in dieser Zeit haben die Bauern Einbußen. „In der Übergangszeit von drei bis vier Jahren sind die Erträge geringer“, sagt Hansjörg Neun, Experte bei der GIZ in New Delhi. Die KfW Entwicklungsbank hilft den Bauern deshalb mit Kleinkrediten über die Runden. Nicht nur rund um Bangalore im Bun- desstaat Karnataka, sondern auch andernorts denken Indiens Bauern um und wenden sich natürlichen Anbaumethoden zu. Der kleine Bundesstaat Sikkim ist besonders ambitio- niert: Bis 2015 will er komplett auf Bioland- wirtschaft umstellen. für sein Dorf Halehalli im Süden Bangalores, G für den Namen seines Vaters Gundappa. Seit 30 Jahren lebt er von der Landwirt- schaft, die Hälfte seiner Ackerfläche hat er in- zwischen auf organischen Anbau umgestellt und pflanzt nun Bohnen, Blumenkohl, Kar- toffeln und Tomaten nach Biostandard an. Statt Kunstdünger verwendet er Kompost aus Kuhdung, in dem sich Regenwürmer schlän- geln. Die Pestizide ersetzt er durch eine Mi- schung aus Kuhurin, Neemblättern und an- deren natürlichen Stoffen. Weniger Kosten, mehr Geld für ein glücklicheres Leben Das helfe genauso gut, sagt er. Und besser noch: Er brauche nur noch die Hälfte an Was- ser, das in Indien immer knapper wird. Er produziere eine größere Vielfalt an Obst- und Gemüsesorten statt Monokulturen. Auch bei den Kühen sei er von den „Turbo“- zu traditionellen Rassen zurückgekehrt, die viel besser an das Klima angepasst sind. Ramaiah HG ist zufrieden. Früher habe er für Dünger, Pestizide und Saatgut pro Sai- son 30.000 Rupien zahlen müssen. Heute komme er mit 15.000 Rupien aus. Die Ernte- menge sei gleich geblieben, aber für die Bio- ware erhalte er 30 Prozent mehr Geld. Un- > Ansprechpartner GIZ Indien > giz-indien@giz.de Links: Die Biowaren sind bereit für den Transport nach Bangalore, der drittgrößten Stadt Indiens. Rechts: Der ehemalige Ingenieur N. R. Shetty ist heute überzeugter Biobauer.