„Man braucht einen langen Atem“
Frau Niemeier, Mali ist ein sehr instabiles Land. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit?
GIZ-Mitarbeiter reisen aus Sicherheitsgründen nicht in alle Gebiete. Wir arbeiten stattdessen mit lokalen Partnern zusammen, etwa kleinen Nichtregierungsorganisationen oder Vertretern der örtlichen Zivilgesellschaft. In den Regionen gibt es Komitees aus verschiedenen Ethnien. Sie treffen sich an sicheren Orten und listen auf, welchen Bedarf es in den Kommunen gibt. Diese Informationen bekommen wir und helfen dann. Diese „Fernsteuerung“ ist anspruchsvoll. Es braucht einen langen Atem und viel Geduld.
Welche anderen Herausforderungen gibt es?
Der Zentralstaat ist in einigen Regionen noch nicht existent. Und selbst dort, wo staatliche Strukturen bestehen, gibt es immer wieder Gruppen, die deren Handlungsfähigkeit untergraben. Aber genau in diesen Regionen arbeiten wir. Mit lokalen Ansprechpartnern versuchen wir, das Terrain für die Rückkehr staatlicher Ordnung vorzubereiten. Ein Beispiel ist die Region Kidal im Norden. Etwa drei Jahre lang hatte dort keine staatliche Autorität den Boden betreten, aber im August 2017 konnte ein neuer Gouverneur sein Amt aufnehmen.
2018 sind Präsidentschaftswahlen.
Das wird ein spannender Moment. Zur Zeit haben wir durch die häufigen Regierungsumbildungen mit schnell wechselnden Partnern zu tun. Wir hoffen auf mehr Stabilität. Noch wird der Friedensvertrag – der große Rahmen für unser Projekt – nur schleppend umgesetzt.
Sehen Sie bereits Erfolge?
Es gibt viele kleine Schritte: Wir konnten erreichen, dass sich ehemalige Rebellen und Regierungsvertreter, also frühere Feinde, über die Inhalte unseres Trainingshandbuchs zum Friedensvertrag einigten. In Veranstaltungen werden diese Inhalte allen Maliern in verschiedenen Landessprachen bekannt gemacht. Es ist ja nicht so, dass sich hier jeder in Zeitungen oder im Internet darüber informieren könnte. Das Interesse ist groß. Die Wahrheitskommission hat bereits fünf Regionalbüros eröffnet. Sie entsendet Teams in entlegene Regionen, um Menschenrechtsverletzungen aufzuarbeiten.
Interview: Brigitte Spitz