Hallo
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mein Name ist Maksym Vernyhora und ich arbeite an einem GIZ-Projekt für mentale Gesundheit in der Ukraine. Unser Fokus liegt auf geschlechtergerechter psychischer Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung für Veteran*innen und schutzbedürftige Gruppen.
Bevor ich vor anderthalb Jahren zur GIZ kam, habe ich mich in verschiedenen Bereichen ausprobiert – von der Arbeit als Koch in Odessa während meines Studiums der internationalen Rechtsbeziehungen bis hin zu einem kurzen Abstecher zu einem Regionalgericht in Odessa. Auf der Suche nach sinnvollerer Arbeit engagierte ich mich bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die sich für LGBTQ+-Rechte und in der HIV/Aids-Prävention einsetzen. Später sammelte ich in Kyjiw Erfahrung im Projektmanagement, wo ich marginalisierte Gemeinschaften unterstützte.
Im Februar 2022, als der russische Angriffskrieg begann, verließ ich Kyjiw und zog nach Tscherkassy zu meinen Großeltern. Ich wollte eigentlich zum Militär, aber aus medizinischen Gründen ging das nicht. Ich kämpfte mit Depressionen, suchte psychiatrische Hilfe, begann mit Medikamenten und fand Trost bei meiner französischen Bulldogge. Nach meiner Genesung wollte ich einer sinnvolleren Arbeit nachgehen und kam so zu meiner jetzigen Position als Berater im GIZ-Projekt für psychische Gesundheit, das 2023 ins Leben gerufen worden war.
Unsere Zielgruppen sind Veteran*innen, ihre Familien, Witwen, Binnenvertriebene und vom Krieg betroffene Kinder. Der Krieg hat die ukrainischen Gemeinschaften grundlegend verändert. Posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Angststörungen sind weit verbreitet. Für mich muss psychische Gesundheit eine zentrale Säule des Wiederaufbaus sein – neben dem wirtschaftlichen und infrastrukturellen Wiederaufbau. Bei der GIZ begegnen wir dieser Herausforderung gemeinsam mit lokalen und internationalen NGOs und unserem politischen Partner, dem ukrainischen Ministerium für Veteranenangelegenheiten. Wir bilden Fachkräfte aus, erweitern den Zugang zu psychosozialer Unterstützung und entwickeln kommunale Angebote zur Förderung der psychischen Gesundheit. Eine unserer wichtigsten Initiativen ist ein nationales Ausbildungsprogramm für Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen in Zusammenarbeit mit der Nationalen Universität „Kyjiw-Mohyla Akademie“.
Trotz dieser Bemühungen gibt es weiterhin große Herausforderungen. Dazu gehört etwa der mangelnde Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in ländlichen, frontnahen und besetzten Gebieten. Um diese Lücke zu schließen, erweitern wir digitale Angebote wie telemedizinische Dienste. Eine der größten Hürden ist allerdings das Stigma: Viele zögern, psychosoziale Hilfe in Anspruch zu nehmen, aus Angst, als schwach zu gelten. Dies zu ändern, erfordert einen kulturellen Wandel, Aufklärungskampagnen und offene Gespräche.
Ich liebe meine Arbeit und glaube an ihre Wirkung. Auch nach drei Jahren Krieg war es für mich keine Option, die Ukraine zu verlassen. Viele Menschen hier stumpfen ab, um zu überleben, aber es ist wichtig, mit den eigenen Emotionen verbunden zu bleiben. Ich halte meine Balance durch Therapie, Improvisationstanz und schöne Momente mit Kolleg*innen.
Der einzige Weg nach vorne ist Hoffnung, Freundlichkeit und Solidarität. Ich entscheide mich für die Liebe – und dafür, mich um andere zu kümmern.
Buvaite,
Maksym Vernyhora
Februar 2025