Porträts

Hidden Champions

Neben Prominenten wie Mahatma Ghandi, Nelson Mandela oder Kofi Annan gibt es unzählige weniger sichtbare Personen und Initiativen, die sich unschätzbare Verdienste für Freiheiten und Bürgerrechte erworben haben. Einige davon stellen wir hier vor.

Rafael Marques de Morais Ein angolanischer Journalist, der Missstände anprangert
Rafael Marques de Morais Ein angolanischer Journalist, der Missstände anprangert

Er tritt für freie Presse und faire soziale Verhältnisse in Angola ein und hat sich bei seiner Arbeit als investigativer Journalist immer wieder mit den Herrschenden in seinem Land angelegt. So hat Rafael Marques de Morais etwa im Wochenmagazin „Angola“ 1999 einen Artikel über den damaligen Präsidenten José Eduardo dos Santos veröffentlicht und ihn darin als korrupten Diktator bezeichnet. Dafür wanderte er für 43 Tage ins Gefängnis. Später prangerte er Menschenrechtsverletzungen in den Diamantenminen an und warf dem Generalstaatsanwalt illegalen Landerwerb vor. Auch darauf folgten Verurteilungen und eine Haftstrafe. Inzwischen hat die Regierung gewechselt; Präsident João Manuel Gonçalves Lourenço hat selbst der Korruption den Kampf angesagt und Marques ermuntert, kritisch weiterzuschreiben.


 

Lucia Diaz Eine mexikanische Mutter, die ihren Sohn sucht
Lucia Diaz Eine mexikanische Mutter, die ihren Sohn sucht

Sie kämpft gegen das Vergessen und die Passivität staatlicher Stellen in Mexiko, die Täter allzu häufig ungestraft davonkommen lassen. Lucia Diaz’ Sohn wurde 2013 in Veracruz entführt und ist seither verschwunden. Als Reaktion darauf gründete sie 2014 die Nichtregierungsorganisation „Colectivo Solecito de Veracruz“, die geheime Gräber aufspürt und versucht, Täter zur Verantwortung zu ziehen. Zusammen mit einigen Hundert anderen Müttern tritt sie für Gerechtigkeit, einen handlungsfähigen Rechtsstaat und aktive Strafverfolgung ein. „Wir werden nicht aufhören, unsere Kinder zu suchen“, sagt sie, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, sie lebend zu finden, nicht sehr hoch sei. Außerdem unterstützt Lucia Diaz ein Programm namens „Shelter City“, das Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten in Gefahr für gewisse Zeit Zuflucht bietet, damit sie Kraft tanken können.


 

Arthur Kharythonov Ein ukrainischer Jurist, der für Bürgerrechte eintritt
Arthur Kharythonov Ein ukrainischer Jurist, der für Bürgerrechte eintritt

Er engagiert sich für liberale demokratische Werte in der Ukraine. Der Jurist ist Gründer und Präsident der „Liberalen Demokratischen Liga der Ukraine“. Sie geht auf eine Studenteninitiative zurück und ist eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, der nur junge Menschen angehören, die nach 1991 – der Unabhängigkeit des Landes – geboren sind. Mit dem Slogan „Leben, Freiheit, Glück“ setzt sie sich für Bürgerrechte und bürgerliche Freiheiten unter anderem in der Ukraine ein. Der 24-jährige Kharythonov, zudem Autor von drei Romanen und verschiedenen Kurzgeschichten, möchte mit seiner Arbeit ein Zeichen gegen alte Strukturen in seinem Land setzen. „Wir sind Vertreter einer neuen Generation“, sagt er, „keine Marionetten der Oligarchen.“ Zu den Aktivitäten der Liga gehören neben Aufklärungsarbeit und Kampagnen etwa Solidaritätsaktionen mit den Demonstranten in Hongkong.


 

Ayleen Jovita Romero Eine chilenische Sopranistin, die von einem Balkon singt
Ayleen Jovita Romero Eine chilenische Sopranistin, die von einem Balkon singt

Ayleen Jovita Romero hat bei den Massenprotesten in Chile ihre schärfste Waffe eingesetzt – ihre Stimme: Die Opernsängerin ließ sich von einer Ausgangssperre der Regierung nicht beeindrucken und sang am 21. Oktober 2019 ein im Land sehr bekanntes Protestlied von ihrem Balkon herunter. Mit großer Leidenschaft schmetterte sie „El derecho de vivir en paz“ („Das Recht, in Frieden zu leben“) in die ansonsten ziemlich stille Hauptstadt Santiago de Chile hinein. Und erhielt dafür überwältigenden Zuspruch. Zunächst von ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, die den Gesang mit frenetischem Beifall quittierte. Später über die sozialen Netzwerke, wo ihr Auftritt bald eine millionenfache Anhängerschaft fand, und zwar weit über Chile hinaus. Seither genießt Ayleen Jovita Romero in Chile Kultstatus.


 

Joshua Wong Ein Student in Hongkong, der für Demokratie demonstriert
Joshua Wong Ein Student in Hongkong, der für Demokratie demonstriert

Er ist einer der Anführer der Protestierenden in Hongkong, die seit Monaten für freie Wahlen und Demokratie auf die Straßen ziehen. Ihr Markenzeichen sind bunte Regenschirme, mit denen sie sich gegen Angriffe der Polizei schützen. Der 23-Jährige, der bereits 2011 eine Schüleraktivistengruppe gründete und seither politisch aktiv ist, wurde mehrfach verurteilt und verhaftet, kam bisher aber immer wieder frei. Ihre Kernforderung, Verdächtige nicht an Festlandchina auszuliefern und dort vor Gericht zu stellen, haben die Demonstranten erreicht. Der Gesetzentwurf wurde ausgesetzt. Nun fordern sie, ihn dauerhaft zurückzunehmen und Chinas Einfluss in Hongkong zurückzudrängen. Wong sieht sich und seine Mitstreiter an einer Art Demarkationslinie: „Wenn wir in einem neuen Kalten Krieg sind, dann ist Hongkong das neue Berlin“, sagte er unlängst.


 

Wahlen unter
die Lupe nehmen

Ob Wahlen wirklich fair und frei waren, ist immer wieder Gegenstand von erbitterten Debatten. Da hilft das Urteil neutraler, internationaler Beobachter wie jenes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Sie ist eine Staatenkonferenz zur Friedenssicherung und die Nachfolgeorganisation der KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), die 1975 auf der Höhe des Kalten Krieges gegründet wurde. Die OSZE hat unter anderem in den vergangenen Jahren mehr als 300 Wahlen in ihren 57 Mitgliedstaaten geprüft. Dafür entsendet sie meist für einige Wochen Expertinnen und Experten mit unterschiedlichen Spezialkenntnissen. Nach dem Ende des Kalten Krieges galt die Aufmerksamkeit der OSZE vorwiegend den Transformationsländern Osteuropas. Mittlerweile wendet sie sich auch anderen Staatengruppen zu. Das hängt nicht zuletzt mit dem Aufkommen elektronischer Wahlverfahren zusammen, die neue Gefahren mit sich bringen. So war die OSZE bei den letzten Präsidentschaftswahlen in den USA aktiv. Auch die Bundestagswahl 2017 hat sie mit einem kleinen Team kritisch begleitet. Die OSZE gehört zu den renommiertesten Organisationen in Sachen Wahlbeobachtung weltweit.


 

Die sozialen Medien kritisch begleiten

Myanmar befindet sich nach langer Militärdiktatur auf dem Weg zu einer Demokratie. Doch ethnische und religiöse Konflikte der Vergangenheit, kombiniert mit der schnellen Verbreitung des Internets, haben zum Anstieg von Hassbeiträgen in den sozialen Medien geführt. Erschwerend kommt hinzu: Facebook stellt für die meisten Menschen in Myanmar die einzige Informationsquelle dar. Dass die muslimische Minderheit der Rohingya brutal verfolgt wird und 2017 mehr als 700.000 von ihnen flüchteten, hat den Vereinten Nationen zufolge auch mit Facebook zu tun, das eine „entscheidende Rolle“ beim Schüren von Hass gespielt habe. Deshalb hat die GIZ die Pilotmaßnahme „Supporting Voices of Pluralism“ gestartet, mit der sie Meinungsvielfalt fördern möchte. Sie unterstützt zivilgesellschaftliche Organisationen darin, Hassrede gegen Minderheiten in den sozialen Medien herauszufiltern und zu analysieren. Zugleich sollen weniger gehörte Stimmen auf Facebook zu Wort kommen. —

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