Marokko

Jobchance Arganöl

Die GIZ unterstützt Frauen in Marokko dabei, nachhaltigen Tourismus für sich und ihre Dörfer zu nutzen.

Text
Sofia Shabafrouz
Fotos
Tristan Vostry

Ein Besuch bei der Kooperative Akkain Ouargane im Südwesten Marokkos ist ein Erlebnis für die Sinne: Rund 50 Frauen in bunt gemusterten Schleiern sitzen in einer Produktionsstätte auf dem Boden und knacken mit einem Stein Argannüsse auf. Jede der Frauen produziert auf diese Weise ungefähr ein Kilo Kerne am Tag. Um sich die Arbeit zu erleichtern, singen sie alte Berberlieder.  

Drei lächelnde Frauen, bekleidet mit traditionellen Schals und Arbeitsjacken mit einem Logo, knacken Argan-Nüsse, während sie auf Kissen sitzen. Geröstete Argannüsse Hier entsteht Amlou, eine süße Paste aus den Nüssen und Honig. Beim Sammeln der Argannüsse Die Mitglieder der Kooperative Bildergalerie

Im Hof werden die Kerne weiterverarbeitet: Andere Frauen fertigen daraus in aufwendiger Handarbeit Öl und Amlou, ein süße Paste mit Honig. In einem modernen Maschinenraum produziert die Kooperative zudem größere Mengen Kosmetik- und Speiseöl in kürzerer Zeit. Nach einem Rundgang haben Besucher die Möglichkeit, die Produkte der Kooperative direkt von den Herstellerinnen zu erwerben. So profitieren beide Seiten: Die Touristen gewinnen Einblick in eine uralte Tradition und die Kooperative verdient Geld.

Eine neue Vermarktungsstrategie trägt Früchte

„So gewinnbringend war der Verkauf von Arganöl hier nicht immer“, erinnert sich die Geschäftsführerin Jamila Raissi. „Früher haben die Frauen von zu Hause und per Hand die Nüsse verarbeitet. Ihre Männer haben dann versucht, das Öl am Straßenrand und in den Souks – den Wirtschaftsvierteln – zu verkaufen.“ Das brachte aber nicht genug Geld ein. Also beschlossen die Frauen, eine Kooperative zu gründen, um die Vermarktung zu erleichtern.

Geschäftsführerin Jamila Raissi (l.) hat die Kooperative mit aufgebaut. Hier geht sie mit einer Kollegin die Buchhaltung durch.
Geschäftsführerin Jamila Raissi (l.) hat die Kooperative mit aufgebaut. Hier geht sie mit einer Kollegin die Buchhaltung durch.

2007 hatten sie alle Papiere für die Gründung zusammen. Die gelernte Buchhalterin Raissi half der Kooperative, erste Strukturen und Abläufe einzuführen. Seit 2013 unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH den Zusammenschluss im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Projekt ist Teil der BMZ-Sonderinitiative zur Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika und dem Nahen Osten. Es fördert unter anderem Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten durch nachhaltigen Tourismus im ländlichen Raum. 

Vernetzt mit Hotels und Tour-Anbietern

Die GIZ berät lokale Partner dabei, das touristische Angebot auszuweiten und attraktiver zu gestalten. Dazu gehören Naturerlebnisse, kulturelle Programme und hochwertige Naturprodukte, wie das Arganöl der Kooperative Akkain Ouargane. Die GIZ finanzierte Röstmaschinen, Ölpressen, Filter und Füllgeräte, die die Ölproduktion erheblich verbessern und den Ertrag steigern. Durch technische und unternehmerische Weiterbildungen konnten sich die Frauen um Raissi professioneller aufstellen und ihre Vermarktungsstrategie verfeinern. Die Kooperative nahm an internationalen Messen teil und vernetzte sich innerhalb der Region mit dem Hotelgewerbe und mit Reiseanbietern für  Ökotourismus. „Der Umsatz ist seitdem um 50 Prozent gestiegen“, sagt GIZ-Experte Julien Césana, der mit seinem Team die Entwicklung der Kooperative begleitet.

Das fertige Produkt: Handgemachtes Arganöl aus Marokko
Das fertige Produkt: Handgemachtes Arganöl aus Marokko

Akkain Ouargane bedient neben der örtlichen auch die steigende nationale und internationale Nachfrage nach Arganöl. Die 72 Frauen, die für die Kooperative arbeiten, können ihre Arbeitszeit frei einteilen. Mit den Einkünften tragen sie zum Einkommen ihrer Familie bei. Eine große Errungenschaft, denn gerade in den ländlichen Gebieten Marokkos gibt es für sie kaum Arbeit. Viele sind nur wenige Jahre zur Schule gegangen, die meisten hatten nie einen festen Job. Inzwischen haben sich die Frauen von Akkain Ouargane mit anderen Frauenkooperativen zur Interessengemeinschaft „Ethical Women Tifane“ zusammengeschlossen. Sie vertritt 350 Frauen und wird die gewinnbringende und faire Vermarktung des Arganöls weiter fördern. 

März 2018

VOM TOURISMUS PROFITIEREN

Projekt: Nachhaltiger Tourismus zur Beschäftigungs- und Einkommensförderung im ländlichen Raum
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Politischer Träger: Marokkanisches Hochkommissariat für Gewässer und Wälder
Laufzeit: 2015 bis 2020

In ländlichen Gebieten Marokkos gibt es nur wenige Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten. Dies gilt insbesondere für die Küstenregion Souss-Massa und die Region Beni Mellal-Khénifra im Hohen Atlasgebirge. Der Anteil der als arm geltenden Bevölkerung liegt hier bei 18 Prozent. Von touristischen Angeboten profitiert die lokale Bevölkerung bisher nur wenig. Das Projekt nimmt sich dieser Thematik an: Im Auftrag des BMZ fördert es den nachhaltigen Tourismus. Unterstützt von der GIZ, bauen lokale Partner das bestehende touristische Angebot aus und entwickeln neue, innovative Angebote, zum Beispiel Öko-Lodges. Lokale Genossenschaften sowie kleine und mittlere Unternehmen werden zudem bei der Produktion von hochwertigen Naturprodukten gefördert, die sie unter anderem an Touristen verkaufen. Dabei wird insbesondere auf den Schutz der Umwelt, ein möglichst hohes Beschäftigungspotenzial und die Einbeziehung von Frauen und jungen Menschen ohne Arbeit geachtet. Das Vorhaben ist Teil der Sonderinitiative des BMZ zur Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika und Nahost. Bis 2020 wird es für mindestens 2.000 Personen zusätzliche Beschäftigung und Einkommen schaffen.

 

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