1,5-Grad-Ziel: Kleine Zahl, große Wirkung
Warum ein halbes Grad mehr Erderwärmung unser Leben dramatisch ändert.
1,5 Grad oder 2 Grad: Wo liegt der Unterschied?
Manche denken: Ein halbes Grad hin oder her spielt keine Rolle. Das mag bei der Körpertemperatur des Menschen durchaus zutreffen, nicht aber bei der Erderwärmung. Da machen schon um ein paar Zehntelgrad höhere Temperaturen einen großen Unterschied aus.
Bereits heute spüren wir die Veränderungen: Überschwemmungen in Mosambik, Pakistan oder Thailand; Hitzewellen in Deutschland, China oder Indien; Hurrikans in Kuba und Mexiko; Taifune auf den Philippinen. Überall auf der Welt zeigen sich die Folgen dieser Fieberkurve auf zum Teil dramatische Weise. Dabei ist die Temperatursäule erst moderat gestiegen: Sie liegt heute bei 1,2 Grad über dem Niveau vor der Industrialisierung, die grob gesagt am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert einsetzte und Mitte des 19. Jahrhunderts stark an Fahrt aufnahm.
Pariser Klimaabkommen und IPCC-Bericht
Eine höhere mittlere Erdtemperatur von 1,5 bis 2 Grad gilt als Grenze dessen, was der Mensch und die Umwelt noch einigermaßen gut vertragen können. Entsprechend steht diese Marge im Pariser Klimaabkommen als Ziel. Allerdings sind die Auswirkungen auch dann schon gravierend.
Wetterextreme nähmen nach Angaben des Weltklimarats (IPCC) stark zu. Bei 2 Grad Anstieg käme es alle 33 Jahre zu Sturmfluten; in Mitteleuropa gäbe es 2,8 Dürremonate pro Jahr. Ein Zehntel der weltweiten Landfläche wäre bei 1,5 Grad von Überschwemmungen bedroht, bei 2 Grad sogar ein Fünftel.
Die Artenvielfalt ginge deutlich zurück: 16 Prozent aller Pflanzenarten, 18 Prozent aller Insektenarten und 8 Prozent aller Wirbeltierarten verlören bei 2 Grad die Hälfte ihres Verbreitungsgebiets. Aber vor allem stürben bei 1,5 Grad zwischen 70 und 90 Prozent aller Korallenriffe, bei 2 Grad praktisch alle. Wenn die Korallen als Kinderstube vieler Fische und zudem noch viele Insekten fehlten, hätte das einschneidende Folgen für die Welternährung. Aufs Ganze gesehen wären die Konsequenzen schon bei 1,5 Grad deutlich spürbar und bei 2 Grad drastisch.
Klimaziele ungenügend gegen Temperaturanstieg
Die bisherigen Maßnahmen zum Klimaschutz genügen allerdings bei weitem noch nicht, um überhaupt bei 1,5 bis 2 Grad zu landen. Wenn alle bisher geplanten Aktivitäten umgesetzt würden, reichte das nur für eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwischen 2,1 und 2,9 Grad. Vor allem im oberen Bereich dieser Größenordnung käme es womöglich zu irreversiblen Folgen, zu sogenannten Kipppunkten, bei denen sich das Zusammenspiel verschiedener natürlicher Faktoren radikal ändern und das gesamte System Erde destabilisieren könnte. Ein solches Szenario gilt es unbedingt zu vermeiden. Um auf dem erträglicheren, aber auch noch kritischen Niveau von unter 2 Grad zu bleiben, müssten sich die Anstrengungen zum Klimaschutz nach UN-Angaben bis 2030 fast versiebenfachen. Deshalb mahnte UN-Generalsekretär António Guterres unlängst, das fossile Zeitalter nun wirklich rasch und endgültig zu verlassen.
Der Weltklimarat IPCC
Im Jahr 1988 gründeten die Weltorganisation für Meteorologie und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen, auch Weltklimarat genannt. Ihm gehören Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt an, die unabhängig von Regierungen den neuesten Kenntnisstand zu den Klimaänderungen zusammentragen und ihn in regelmäßigen Sachstandsberichten veröffentlichen. Inzwischen gibt es sechs solcher Berichte, die wegen ihrer Brisanz ein starkes Gewicht in der Klima-Debatte entwickelt haben.
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