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Wasserpfütze
Hintergrund

Menschenrecht auf Wasser: mehr Verheißung als Realität

Seit 2010 gibt es ein Menschenrecht auf Wasser. Für einen guten Teil der Weltbevölkerung ist es allerdings noch nicht eingelöst. Wir erklären, warum.

Text: Friederike Bauer Fotos: stock.adobe.com/cunaplus, Ivan Sarenas

Seit wann gibt es ein Menschenrecht auf Wasser?

Sauberes Trinkwasser und sichere Sanitäranlagen sind essenziell für ein gesundes und würdevolles Leben. Trotzdem wurden sie 1948 nicht in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen. Dort ist zwar das Recht auf einen „Lebensstandard“ festgeschrieben, der jeder Person „Gesundheit und Wohl, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung und ärztliche Versorgung“ gewährt, aber das Thema Wasser taucht dort nicht explizit auf. Gerade weil Wasser aber als Grundstoff des Lebens unverzichtbar ist, kam schon bald die Forderung auf, dies solle an anderer Stelle als Menschenrecht festgeschrieben werden. Die Diskussionen dazu zogen sich über Jahrzehnte hin. Erst 2010 erkannte die UN-Vollversammlung schließlich das Recht auf Wasser als Menschenrecht an. Im Jahr 2015 bestätigte sie die Menschenrechte auf Trinkwasser und Sanitärversorgung als zwei gesonderte Rechte.

Was genau hat es damit auf sich?

Dadurch hat jede Person das Recht auf Zugang zu sauberem, erreichbarem und bezahlbarem Wasser – und zwar in ausreichender Menge. Auch die sanitäre Versorgung mit Toiletten und Waschbecken muss demnach gewährleistet sein; sie soll sicher, hygienisch, sozial und kulturell annehmbar und bezahlbar sein, ohne die Privatsphäre und die Würde des oder der Einzelnen zu verletzen. Zuständig dafür sind die Einzelstaaten. Das Menschenrecht auf Wasser bedeutet hingegen nicht, dass Wasser kostenlos erhältlich ist und der Staat an jeder Stelle allen Menschen Wasser rund um die Uhr bereitstellen muss. Es geht um einen grundsätzlichen Zugang, nicht um einen absoluten.

Warum ist das Menschenrecht auf Wasser wichtig?

Weil immer noch fast jeder vierte Mensch keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser hat, insgesamt mehr als zwei Milliarden, und es oftmals mehr als eine halbe Stunde zu Fuß zur nächsten Wasserstelle dauert. Fast doppelt so viele, rund 3,6 Milliarden Menschen, können keine Toilette oder ein Handwaschbecken nutzen, sondern müssen ihre Notdurft häufig im Freien verrichten. Das erhöht das Risiko für Durchfallerkrankungen und Parasitenbefall. Damit bleibt einem großen Teil der Menschheit der Zugang zu einem grundlegenden Lebenselement verwehrt. Das Menschenrecht hat die Bedeutung des Themas Wasser insgesamt stärker hervorgehoben.

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Hände waschen

Was hat das mit SDG 6 zu tun?

Die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) wurden 2015 verabschiedet, um die Welt gerechter und nachhaltiger zu gestalten. Sie sind als Plan für eine grundlegende Transformation gedacht. Darunter befindet sich auch SDG 6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“, das vorsieht, allen Menschen bis 2030 einen einwandfreien und bezahlbaren Zugang zu Trinkwasser und einen angemessenen und gerechten Zugang zu Sanitärversorgung und Hygieneeinrichtungen zu verschaffen. Damit soll das Menschenrecht auf Wasser eingelöst werden. Das bedeutet, alle Länder stehen unter dem Zugzwang, hier noch mehr zu unternehmen und zu investieren.

Wo ist das Menschenrecht verwirklicht, wo nicht?

Unter Wassermangel leiden vor allem Menschen im Globalen Süden und dort mehr auf dem Land als in der Stadt. Besonders stark von Wasserstress betroffen sind Nordafrika und Westasien. Die bisherigen Fortschritte reichen nach Angaben der UN noch nicht, um SDG 6 bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Die Maßnahmen müssten sich demnach mindestens vervierfachen. Denn Klimawandel, Konflikte und Wasserverschmutzung stellen zusätzliche Herausforderungen dar.

Was bedeutet das für die Entwicklungszusammenarbeit?

Deutschland steht zum Menschenrecht auf Wasser und verfolgt daher einen menschenrechtszentrierten Ansatz in diesem Sektor. Das heißt, bei Wasserprojekten geht es um den Aufbau und nachhaltigen Betrieb von Trinkwasserinfrastruktur und Sanitäreinrichtungen, die besonders solchen Gegenden nutzen, in denen Wasser noch nicht selbstverständlich zugänglich ist. Von den Maßnahmen Deutschlands haben zwischen 2019 und 2022 mehr als 36 Millionen Menschen beim Trinkwasser und mehr als 11 Millionen Menschen bei der Sanitärversorgung profitiert. Wasser bleibt damit ein zentrales Anliegen der GIZ, nicht zuletzt, weil es mit dem Klimawandel eng verbunden ist.