Porträt

Posts aus dem Regenwald

Die Folgen des Klimawandels sind vielfältig und ebenso facettenreich sind die Antworten darauf. akzente wirft ein Licht auf Menschen und Initiativen, die sich für Klima- und Umweltschutz einsetzen. Heute stellen wir eine Kämpferin für die Rechte Indigener und den Schutz ihrer Lebensräume vor.

Text
Ulrike Scheffer
Fotos
Common Dreams, Florian Gaertner/photothek.de, Adobe Stock (2)

Helena Gualinga ist erst 20 Jahre alt und schon eine wichtige Repräsentantin indigener Gemeinschaften auf dem internationalen Parkett. Kürzlich war sie digital in Berlin zu Gast. Zugeschaltet aus ihrer Heimat Ecuador sprach sie zu den Delegierten des „Berlin Energy Transition Dialogue“. Diese Konferenz zur globalen Energiewende wurde vom Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz veranstaltet. Mit klaren Worten berichtete die Aktivistin über den Kampf indigener Gemeinschaften gegen die Zerstörung ihrer Lebensräume.

Amazonas Regenwald von oben

Gualinga gehört zu jenen jungen Rebellinnen und Rebellen, die sich dagegen wehren, dass Wälder abgeholzt und Bodenschätze rücksichtlos ausgebeutet werden. Die Aktivistin sieht in dem indigenen Widerstand nicht nur einen Akt der Selbstverteidigung, sondern einen Dienst an der Weltgemeinschaft. „Wir haben es indigenen Gruppen zu verdanken, dass wir überhaupt noch Wälder haben, und zwar nicht nur in Ecuador“, zitiert das Magazin Latin America Reports die junge Frau. Daten der Vereinten Nationen (UN) geben ihr recht: Demnach schützen Indigene Regenwälder, die wichtige CO2-Speicher sind, und rund 80 Prozent der weltweit verbleibenden Biodiversität. Sie leisten also einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Artenschutz.

Influencerin mit politischer Botschaft

Bei ihren Auftritten, für die sie meist eine authentische Gesichtsbemalung aufträgt, beschreibt die 20-Jährige auch, wie schön ihre Heimat ist. Und sie zeigt dies in Sozialen Medien wie Instagram. Mit ihren Naturfotos und Aufnahmen, auf denen sie sich selbst in traditioneller Kleidung im Regenwald in Szene setzt, erreicht sie mehr als 75.000 Follower weltweit. Sie ist damit zu einer erfolgreichen Influencerin aus und für die Amazonasregion geworden. Selbst in Lifestyle-Magazinen ist sie schon vorgestellt worden.

Ihre Botschaft bleibt eine politische: Die Aktivistin will erreichen, dass indigene Bevölkerungsgruppen mitbestimmen dürfen, ob und wie ihre Naturschätze genutzt werden. Für sie ist das nicht weniger als ein Menschenrecht: „Die Rechte Indigener müssen immer Priorität haben. Es geht um unser Leben.“

Helena Gualinga

Gesicht einer Generation

Helena Gualinga wurde in der Kichwa-Gemeinschaft von Sarayacu im Südosten Ecuadors geboren und verbringt dort auch heute noch so viel Zeit wie möglich. Bei internationalen Konferenzen, wie der in Berlin, berichtet Helena, wie sich das Klima in der Region verändert: Waldbrände nähmen zu und auch Überflutungen träten häufiger und heftiger auf als noch vor einigen Jahrzehnten. Schon vor ihrer Geburt hätten die Älteren der Gemeinde begonnen, sich gegen die Rodung von Wäldern auf ihrem Land zu wehren. „Meine Generation hat beschlossen, diesen Kampf weiterzuführen“, betont die junge Frau immer wieder.

Das Gebiet der Sarayacu ist kein Einzelfall: Die UN gehen davon aus, dass indigene Völker stärker als Menschen in anderen Regionen unter den Folgen des Klimawandels leiden und auch unter negativen Auswirkungen der Globalisierung. Gleichzeitig sind sie vorbildliche Naturschützer. „Sie haben ein wertvolles, von Generation zu Generation weitergegebenes Ahnenwissen darüber, wie man gleichzeitig die Menschen ernährt und die Natur nicht überfordert“, zitiert Der Spiegel den Leiter der Abteilung für indigene Völker der UN-Welternährungsorganisation, Fernández de Larrinoa.

Wasserfall San Rafael - Ecuador

Mit zehn Jahren zur Aktivistin geworden

Mit der kreativen Aktivistin haben die Menschen in Sarayacu eine prominente Fürsprecherin. Als eine von wenigen Indigenen nahm sie Ende 2021 an der UN-Klimakonferenz in Glasgow teil – und ging auch mit Tausenden anderen auf die Straßen, um die Regierungen zu mehr Klimaschutz und der Berücksichtigung der Interessen Indigener aufzurufen.

Die Gemeinde von Sarayacu hatte vor zehn Jahren erfolgreich gegen die Zerstörung ihres Lebensraumes geklagt. 2012 gestand der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof in Costa Rica der Volksgruppe eine Entschädigung für die Vernichtung von Waldflächen auf ihrem Territorium durch Erkundungsbohrungen von Ölfirmen zu. Helena Gualinga war zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt. Damals habe sie beschlossen, Aktivistin zu werden, sagt sie.

Mai 2022