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Satellite view ©NASA
09/2022

Wenn Mensch und Maschine lernen

Edgar Ssensalo kommt aus Uganda, ist 27 Jahre alt und von Beruf Anwendungsentwickler. Künstliche Intelligenz ist für ihn die wichtigste Errungenschaft überhaupt – weil lernende Maschinen die Zukunft voraussagen und gestalten können, mit ausgefeilter Software und klugen Modellierungen.

Text
: Friederike Bauer
Fotos
: Visible Earth / NASA (2), Privat, GIZ (4)

Edgar Ssensalo war schon immer fasziniert von IT. „Sie brachte mich durch die Schule“, erzählt er lachend, weil er hier immer Bestnoten einheimste. Daneben waren seine Schwerpunkte Physik, Chemie und Mathematik, aber seine Leidenschaft galt stets den Computern. Diese Vorliebe diktierte auch sein Studienfach: Software Engineering an der Makerere University in Kampala, einer der renommiertesten Hochschulen in Afrika. Dort machte er 2020 seinen Bachelor und stieg als Softwareentwickler ins Berufsleben ein.

Edgar Ssensalo ©privat

Um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, bildet sich Edgar Ssensalo permanent weiter. Dies führte ihn vor zwei Jahren zu einem Bootcamp zum Thema Erdbeobachtung mittels künstlicher Intelligenz (Machine Learning for Earth Observation, ML4EO). „Ich sah das Angebot und fand es sofort faszinierend. Zum Glück habe ich die Auswahlprüfung bestanden und bin angenommen worden“, so Edgar Ssensalo.

Künstliche Intelligenz für die Landwirtschaft

Das „Machine Learning for Earth Observation“ umfasst die Auswertung und Weiterverarbeitung von Satellitendaten, die nicht nur viel über den Ist-Zustand der beobachteten Gebiete aussagen, sondern durch Modellierungen auch Voraussagen über die Zukunft zulassen. Ganz besonders wichtig ist das für die Landwirtschaft, die für Afrika einen großen Stellenwert hat, weil sie dort der wichtigste Wirtschaftsfaktor überhaupt ist. Dafür aber braucht es Spezialist*innen, die solche Daten lesen und weiterverarbeiten könnten. Genau wie Ultraschallbilder nicht intuitiv erfassbar sind, so ist auch für die Interpretation von Satellitendaten Spezialkenntnis nötig.

Die vermittelt das Bootcamp, ein zweiwöchiger Intensivkurs, den die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag der Bundesregierung fördert. Die Teilnehmer*innen lernen, wie man Satellitendaten so weiterverarbeitet, dass man daraus intelligente Schlüsse ziehen kann. Zum Beispiel, ob in einem Land genug angebaut wird, um die Bevölkerung auch in Zukunft zu ernähren. Oder man kann mit Hilfe von Satellitenbildern Getreidesorten bestimmen, herausfinden, in welchem Zustand sich der Boden befindet und was in einer Gegend am vielversprechendsten angebaut werden kann. Auch Entwaldungsraten lassen sich so festhalten. „Das ist faszinierend, aber auch sehr komplex“, berichtet Edgar Ssensalo.

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Satellite view

Wissen weitergeben

Die Besonderheit des Bootcamps: Das Zertifikat der Teilnahme gibt es nicht direkt nach Abschluss, sondern man muss erst fünf weitere Personen für das Thema begeistern. „Das Wissen soll weitergetragen werden.“ Edgar Ssensalo hat drei IT-Kollegen weitergebildet und zwei Freunde, die deutlich weniger vertraut waren mit Computern und Software. Das vertiefte auch sein Wissen.

Indirekt profitieren auch die afrikanischen Bäuerinnen und Bauern von solchen Fortbildungen, weil Leute wie Ssensalo aus den Modellen Apps für sie entwickeln können. Etwa, um zu prüfen, welche Saat am besten auf ihrem Land wächst, oder, um Wetterdaten für die beste Erntezeit abzurufen. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten, solche Daten sinnvoll zu nutzen“, sagt der IT-Spezialist.

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Auch in Zukunft möchte er daran weitertüfteln, wo in der Landwirtschaft künstliche Intelligenz angewendet werden kann. So hat er beispielsweise 2021 bei einem Wettbewerb der Radiant Earth Foundation mitgemacht. Die Nichtregierungsorganisation suchte nach Ideen, wie künstliche Intelligenz zum Nutzen der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) eingesetzt werden kann. Konkret musste ein Programm entwickelt werden, mit dem man Pflanzentypen in Südafrika erkennen kann.

Hunger bekämpfen

Edgars kreative Ideen kennen keine Grenzen: Irgendwann möchte er Regierungen oder Unternehmen zu künstlicher Intelligenz beraten, etwa bei der langfristigen Agrarplanung. Diese könnten mit seiner Hilfe genauere Pläne für die Landwirtschaft von morgen aufstellen – und so dafür sorgen, dass Bäuerinnen und Bauern effizienter arbeiten. Denn bessere Erträge sind ein wichtiger Beitrag, um Hunger und Mangelernährung zu bekämpfen. „In der künstlichen Intelligenz liegt die Zukunft“, sagt er, „nicht nur bei uns, sondern weltweit.“