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Frauen auf dem Feld Katrin Gänsler
Hintergrund

Die Klimakrise trifft Frauen härter

Höhere Erdtemperaturen wirken sich sehr unterschiedlich auf Menschen rund um den Globus aus. Gender muss als Faktor in der Klimapolitik bedacht werden – ein weiterer Grund für eine feministische Entwicklungspolitik.

Text: Friederike Bauer

Was hat Klimawandel mit Gender zu tun?

Frauen leiden nach Angaben der Vereinten Nationen mehr unter steigenden Temperaturen als Männer. Und zwar, weil die Folgen des Klimawandels verletzlichere und ärmere Menschen härter treffen als andere. Da Frauen in der Regel weniger von allem zur Verfügung haben, an Essen, Obdach, Geld und auch an Schutzmöglichkeiten, sind sie zum Beispiel Hitzewellen oder Starkregen stärker ausgesetzt und fallen ihnen auch häufiger zum Opfer als Männer. Der Klimawandel verschärft potenziell also die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, weshalb Frauen besonderer Aufmerksamkeit auch in der internationalen Zusammenarbeit bedürfen.

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Bäuerin bei der Erntearbeit Katrin Gänsler

Sind Frauen auf dem Land gleichermaßen von der Klimakrise betroffen wie in der Stadt?

Auf dem Land ist der Faktor noch ausgeprägter, weil Menschen in ländlichen Gebieten, vor allem in den Entwicklungsländern, näher an der Natur leben. Bleibt Regen aus oder treten Überschwemmungen ein, sind sie unmittelbar betroffen. Männer, als diejenigen, die „in die Welt hinausziehen“, haben aus traditionellen Gründen eher die Möglichkeit, in die nächste Stadt abzuwandern, in eine andere Region umzuziehen oder sogar das eigene Land zu verlassen. Frauen bleiben dann häufig – samt den Kindern – zurück, oftmals ohne Landrechte und Ressourcen. Nur rund 14 Prozent aller Landeigentümer*innen weltweit sind Frauen. Wer sowieso „unsichtbar“ ist im täglichen Leben, heißt es bei UN Women, wird auch in Krisensituationen nicht oder weniger gesehen.

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Bäuerinnen arbeiten im sitzen auf dem Feld Katrin Gänsler

Sind Frauen bei Extremwetterereignissen auch stärker Gewalt ausgesetzt?

Nach UN-Erkenntnissen müssen sie generell in extremen Situationen, das gilt auch für Naturkatastrophen, mehr geschlechtsspezifische Gewalt erdulden: weil in solchen Momenten die Sicherheitskräfte anderes zu tun haben. Auch Kinderheiraten kommen offenbar unter solchen extremen Bedingungen häufiger vor, da Mädchen schlechter geschützt sind oder einfach versorgt werden müssen. Sie sind dann auch die Ersten, die in unruhigen Zeiten nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Umso wichtiger ist es, den Schulbesuch von Mädchen und jungen Frauen in allen Lebenslagen zu fördern.

Gilt dieses Ungleichverhältnis zwischen den Geschlechtern nur unter extremen Wetterbedingungen?

Dann ist der Unterschied besonders groß, aber er gilt auch generell mit Blick auf den Klimawandel: Frauen sind deutlich weniger vertreten in Entscheidungsgremien auf allen Ebenen von Gesellschaften; deshalb haben sie auch bei der Planung von klimarelevanten Entscheidungen weniger Einfluss. Wo Rückhaltebecken gebaut werden, wie die Wasserversorgung aussieht, ob es Schutzräume für den Fall von Überschwemmungen gibt und wie sie aussehen, darüber befinden sie meist nicht. Die feministische Entwicklungspolitik will dagegen angehen und genau solche strukturellen Benachteiligungen durch mehr Teilhabe beseitigen helfen. Dabei sollen die „3R“ noch stärker in den Fokus genommen werden: Rechte, Ressourcen, Repräsentation. Die GIZ arbeitet derzeit daran, hierzu gezielte Fachkompetenzen aufzubauen: damit sie versteckte und unfaire Machtstrukturen besser aufspüren und angehen kann.

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Bäuerin mit ihrer Ziegenherde Katrin Gänsler

Können Frauen deshalb auch weniger beitragen zum Klimaschutz?

Das Gegenteil ist der Fall. Sie spielen sogar eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, nachhaltiger zu leben und zu wirtschaften. Sie sind es fast überall, die Kinder erziehen und Familienarbeit leisten. Durch ihr Vorbild können sie die nächste Generation auf dem Weg der Transformation, auf dem wir uns wegen des Klimawandels befinden, begleiten und mitnehmen. Außerdem verbrauchen Frauen generell weniger Energie und Ressourcen, haben nach UN-Angaben mithin einen geringeren Anteil an den Ursachen für steigende Temperaturen. Und wenn sie Entscheidungen treffen können, wählen sie oftmals die nachhaltigere Variante. Frauen werden deshalb immer wieder auch als „Akteure des Wandels“ bezeichnet. Daher ist es entscheidend, sie überall angemessen miteinzubeziehen.

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Bäuerin mit einer Gruppe von Kindern Katrin Gänsler

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