Erklärt

Interkultureller Brückenbauer

Mal Partner, mal Wettbewerber, mal Kontrahent – Chinas Verbindungen zu Deutschland und Europa sind so bedeutend wie nie. Mit einem Netzwerk an Kontakten arbeitet die GIZ daran, das Verständnis füreinander zu vertiefen.

Text
Thorsten Giehler

China feierte 2018 den 40. Jahrestag seiner Öffnungspolitik. Diese durch Deng Xiaoping eingeleiteten Reformen waren die Basis dafür, dass internationale Institutionen überhaupt ihre Arbeit im Land aufnehmen konnten. Die Vorläuferorganisationen der GIZ waren von Anfang an dabei. Damals ging es um Armutsminderung und ländliche Entwicklung. Doch mit der beeindruckenden Entwicklung Chinas hat sich das Portfolio grundlegend gewandelt.

 THORSTEN GIEHLER ist GIZ-Landesdirektor China.

 THORSTEN GIEHLER 

ist GIZ-Landesdirektor China.
thorsten.giehler@giz.de

Heute arbeiten wir hier als Dienstleister der Bundesregierung für sieben Bundesressorts, die die deutsch-chinesische Zusammenarbeit gestalten. Die GIZ hat es geschafft, sich jenseits der 2009 beendeten Entwicklungszusammenarbeit zu positionieren. Wir arbeiten intensiv für das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesverkehrsministerium an industriepolitischen Fragen: intelligente Fertigung, automatisiertes Fahren, Elektromobilität, Produktzertifizierung. Eines der größten Projekte ist das Rechtskooperationsprogramm des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ), eingebettet in den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog des Bundesjustizministeriums. Beim Austausch von Richterinnen und Richtern sowie in der Zusammenarbeit mit dem Nationalen Volkskongress kann Deutschland seine Wertvorstellungen und Systemmerkmale hervorheben und andere Wege des Agierens aufzeigen.

In Zeiten des Klimawandels ist die Umwelt- und Klimakooperation im Auftrag des Bundesumweltministeriums eine tragende Säule unserer Arbeit. China ist ein zuverlässiger Gestalter in der internationalen Klimapolitik. Gemeinsam können beide Länder viel erreichen. Wichtig sind auch die Ansätze zur Gestaltung trilateraler Entwicklungszusammenarbeit, denn hier arbeitet die GIZ nicht in China, sondern gemeinsam mit China außerhalb der Landesgrenzen. Seit Mai 2017 gibt es das Deutsch-Chinesische Zentrum für Nachhaltige Entwicklung. Das BMZ-Vorhaben mit chinesischer Beteiligung initiiert und koordiniert gemeinsame Projekte – mit Deutschland, China und afrikanischen Partnerländern.

Zunehmend arbeiten wir außerdem für chinesische Auftraggeber; hier fließen keine Mittel aus Deutschland. Die GIZ berät etwa chinesische Städte bei der Einführung dualer Ausbildungsgänge. Im ganzen Land arbeiten 130 GIZ-Mitarbeiter*innen, davon 90 nationale Kolleginnen und Kollegen. Wir verstehen uns vor Ort als ein bi-nationales Unternehmen, das mit einem breiten Netzwerk zweisprachig und interkulturell agiert. Auf chinesischer und auf deutscher Seite verfügen wir über viele vertrauensvolle Kontakte, nicht nur in die Ministerien, sondern auch in die Wirtschaft und Behörden. Unser Selbstverständnis ist das eines Brückenbauers zwischen Deutschland und China und zwischen den Institutionen. Denn trotz der inzwischen großen internationalen Bedeutung des Landes ist der Austausch zwischen Deutschland und China sowie zwischen Europa und China nach wie vor überschaubar. Im Vergleich etwa mit dem transatlantischen Verhältnis sind das gegenseitige Verständnis und der Austausch doch noch sehr begrenzt.

Mit unserem zwischenstaatlichen Ansatz wollen wir in beiderseitigem Interesse nach China, aber auch nach Deutschland hin wirken. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, größter CO2-Emittent und mittlerweile auch ein wichtiger entwicklungspolitischer Akteur in Afrika oder entlang der Seidenstraße: mal Partner, mal Wettbewerber, mal Kontrahent. Deshalb ist es wichtig, sich mit diesem Global Player auszutauschen. Denn egal ob wir es tun oder nicht, China hat globalpolitische Bedeutung und es ist sinnvoll und notwendig, gemeinsam positive Dinge zu gestalten. Die GIZ bietet diese deutsch-chinesische Plattform. Und das ist Gold wert.

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