Interview

„Wir sehen die Erfolge der Frauen“

Die ghanaische Bäuerin und Unternehmerin Janet Adade sieht das Potenzial von Landfrauen und vermittelt Wissen über bessere Lebensmittelproduktion und nachhaltiges Wirtschaften. Dafür wurde sie mit dem Preis „Game Changers – Women in Agriculture“ vom Bundesentwicklungsministerium geehrt.

Interview
Gemma Pörzgen
Illustration
EINEWELT ohne Hunger

Janet Adade (47) ist Bäuerin und Geschäftsführerin eines Unternehmens für die Weiterverarbeitung von Agrarprodukten in Ghana.
Janet Adade (47) ist Bäuerin und Geschäftsführerin eines Unternehmens für die Weiterverarbeitung von Agrarprodukten in Ghana. © GIZ

Frau Adade, welche Rolle spielen Frauen in Ghana in der Landwirtschaft? 

Sie spielen eine zentrale Rolle. Etwa 95 Prozent aller Frauen in meiner Region im Norden Ghanas sind Kleinbäuerinnen. Sie produzieren fast alles, was wir in den ländlichen Gebieten essen. Lebensmittel wie Reis, Kakao und Gemüse werden von Frauen auf dem Markt verkauft  – und zu Hause sind sie auch für das Kochen zuständig. Schon meine Großmutter hat so gelebt und ich erinnere mich noch daran, wie sie Kakao hergestellt hat.

Was sind die Herausforderungen für die Frauen?

In unserer Gegend besitzen Frauen bis heute kein Land. Wir sind in dieser Hinsicht auf die Männer angewiesen. Frauen im Dorf haben meist auch kein Geld oder landwirtschaftliche Geräte. Das sind für uns große Herausforderungen.

Ist das eine Tradition oder per Gesetz so geregelt, dass Frauen kein Land besitzen dürfen?

Wenn Land zum Verkauf steht, kann ich es als Frau nach dem Gesetz kaufen. Aber ich kann es nicht von meinem Vater erben oder an meine beiden Kinder weitergeben. Das erlauben unsere Traditionen und unsere Kultur nicht.

Wie sieht die Nahrungsmittelversorgung in Ghana aus?

Wir haben sehr fruchtbare Böden hier in Ghana, deshalb müsste hier eigentlich niemand hungern. Es werden genug Nahrungsmittel produziert, aber viele Menschen wissen nicht, wie sie Tomaten und anderes Gemüse haltbarer machen können. Leider wird deshalb zu viel weggeworfen. Das ist nicht wegen der Hitze, sondern weil in vielen Dörfern immer noch Kenntnisse über die Weiterverarbeitung und die nötigen Maschinen fehlen. Alle wollen möglichst viel anpflanzen, wissen dann aber oft nicht mehr weiter.    

2020 wurden Sie als „Game Changerin“ geehrt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Das war eine große Freude und ich bin sehr stolz darauf. Ich habe viele Frauen dazu angeregt, sich in Gruppen zusammenzutun, um sich fortzubilden und besser zusammenzuarbeiten. Einige wussten nicht, wie man die Lebensmittel weiterverarbeitet und vermarktet. Inzwischen habe ich rund 2000 Frauen trainiert. Angefangen habe ich in meinem Dorf, inzwischen arbeite ich in der ganzen Region.

Und Sie machen mit Ihrer Frauenkooperative weiter?

Ja, denn wir sehen die Erfolge der Frauen, die nun besser wissen, wie sie ihre Produkte auf den Markt bringen können. Dadurch können sie mehr verdienen und so das Schulgeld für ihre Kinder bezahlen. Ich fahre mit den Bäuerinnen auch in die Stadt und zeige ihnen die Bank. Ich bringe ihnen bei, wie sie wirtschaften und so etwas Geld zurücklegen können.  

Wie reagieren Männer auf Ihr Engagement?

Am Anfang haben sich die Männer unwohl gefühlt und sind mir mit Misstrauen begegnet. Dann habe ich ihnen erklärt, dass ich den Frauen helfe, die Familie besser zu unterstützen. Sobald die Männer die Fortschritte und vor allem mehr Einnahmen sehen, akzeptieren sie auch die Veränderungen. Inzwischen sind sie dafür, dass ihre Frauen dazu lernen. 

Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?

Ich möchte meine Arbeit weiter ausweiten und in Ghana noch mehr Frauen in der Landwirtschaft fortbilden. Ich tue das aus Leidenschaft. Mir sind die Auswirkungen auf die Gesellschaft wichtig. Ich wünsche mir, dass die Frauen in den ländlichen Gebieten ebenso viel Selbstbewusstsein entwickeln wie die Frauen in den Städten.

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Janet Adade (47) ist Bäuerin und Geschäftsführerin eines Unternehmens für die Weiterverarbeitung von Agrarprodukten in Ghana. Ihr Wissen gibt sie in der von ihr gestarteten Frauenkooperative „Madowofa“ weiter. Sie hat etwa die lokale Produktion und Vermarktung von hochwertigem Reis im „Parboiling-Verfahren“ vorangebracht. Die GIZ hatte Adade 2020 für den Preis „Game Changers – Women in Agriculture“ nominiert. Damit macht das BMZ auf die zentrale Rolle von Frauen für die ländliche Entwicklung aufmerksam.

Dezember 2021