Marokkos Energiewende

Wie das Königreich den Ausbau der Erneuerbaren vorantreibt. Ein Gastbeitrag des marokkanischen Energieministers Aziz Rabbah.

Aziz Rabbah, Energieminister von Marokko.

Marokkos Energiesektor steht vor vielen Herausforderungen. Dazu gehören ein wachsender Energiebedarf, die Dominanz fossiler Brennstoffe und die große Abhängigkeit von Importen, weil eigene konventionelle Energiequellen fehlen. Um diese Herausforderungen anzugehen, hat Marokko 2009 eine ehrgeizige nationale Energiestrategie eingeführt. Hauptpfeiler sind der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz und eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen Ländern in der Region.

Die im Rahmen dieser Strategie initiierten Programme machen sehr zufriedenstellende Fortschritte. Marokko ist auf einem guten Weg. Es ist gelungen, ein eigenes Energie-Modell zu entwickeln, das Marokko zu einem der Hauptakteure des Energiewandels in der Region macht, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent. Lag der Anteil von Wind- und Solarkraft an der installierten Kapazität Anfang 2009 noch bei zwei Prozent, betrug er 2016 13 Prozent. Nimmt man Wasserkraft hinzu, erhöht sich der Anteil der erneuerbaren Energien auf 35 Prozent.

Unabhängier werden von Importen

Marokkos König Mohammed VI hat den Energiewandel immer stark unterstützt. Auf der Klimakonferenz von Paris im Jahr 2015 kündigte er das Vorhaben an, den Anteil der erneuerbaren Energie bis 2030 auf 52 Prozent zu erhöhen. Dabei wird Solarenergie den Hauptteil ausmachen, gefolgt von Windenergie und Wasserkraft. Das wird unsere Abhängigkeit von ausländischen Energiequellen weiter verringern und unsere Wirtschaft stärken.

Der Zuwachs an erneuerbaren Energien wird von flexiblen Produktionskapazitäten begleitet, insbesondere Gas- und Dampfturbinen im Rahmen des Gas-to-Power-Programms. Als weiteren wichtigen Faktor treiben wir den Ausbau des Stromnetzes voran. Das verbessert nicht nur die Stromversorgung, sondern reduziert auch technische Hürden wie unregelmäßige Verfügbarkeit.

Zusammenarbeit mit dem Privatsektor

Dabei blicken wir auch über unsere Grenzen hinaus, indem wir das Zusammenwachsen der Energiemärkte in der Region beschleunigen. Unser Ziel ist einerseits, die Stromverbindungen nach Portugal und Spanien auszubauen. In der anderen Richtung loten wir mögliche Verbindungen in Subsahara-Länder über Mauretanien aus. Eines Tages können wir vielleicht Strom in unsere Nachbarländer exportieren; derzeit brauchen wir die zusätzlichen Kapazitäten für unser eigenes Wirtschaftswachstum.

All das wird in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor umgesetzt. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz öffnet den Markt für die Produktion und das Marketing von Strom aus erneuerbaren Energiequellen für den Privatsektor und eröffnet privaten Unternehmen den Zugang zum nationalen Stromnetz. Bis 2021 wird Marokko die Investitionsverfahren für die Erneuerbaren Energien weiter vereinfachen. Unnötig zu erwähnen, dass wir lokale Firmen in die Integration von Solar- und Windkraftprojekten einbeziehen, weil sie Arbeitsplätze schaffen und die Akzeptanz der neuen Technologien in der Bevölkerung erhöhen.

Fachkräfte ausbilden

Zudem ist ein Programm für die Schaffung eines Ausbildungsinstituts für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (IFMEREE) angelaufen. Was Forschung und Entwicklung angeht, hat Marokko die nationale Infrastruktur durch den „Green Energy Park“ in Ben Guerir ausgebaut, zu dem Labore und verschiedene Test- und Pilotplattformen gehören.

In Sachen Energie-Effizienz arbeiten wir an einer strategischen Vision, die hauptsächlich auf die energieintensiven Wirtschaftssektoren abzielt: Transport, Wohnraum, Industrie, Landwirtschaft und öffentliche Beleuchtung.

Wir wollen ein Vorbild sein

Alles in allem ist es Marokko gelungen, seine Beschränkungen zu überwinden und in aussichtsreiche Investitionen umzuwandeln. Die geplanten oder bereits umgesetzten Energieprojekte haben echtes Potential. Wir gehen davon aus, dass wir bis 2030 insgesamt mehr als 40 Milliarden US-Dollar investiert haben. Drei Viertel davon sind für erneuerbare Energien reserviert. Wir hoffen, dass unser Beispiel Mut macht. Wir wollen ein Vorbild für andere Länder sein, die in der fossilen Energie-Welt arm an Möglichkeiten sind, aber in der Ära der erneuerbaren Energien großes Potential besitzen. Einer Ära, die gerade erst begonnen hat und sehr vielversprechend ist.