„Wir dürfen nicht aufgeben“
Die junge Uganderin Vanessa Nakate gehört zu den führenden Stimmen für Klimagerechtigkeit.
Am Anfang von Vanessa Nakates internationaler Bekanntheit stand ihr Verschwinden. Die junge ugandische Klimaaktivistin war Anfang 2020 auf Einladung der Klimabewegung Fridays for Future zur Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums nach Davos gereist.
In Davos wurde die damals 23-Jährige im Anschluss an eine Pressekonferenz zusammen mit Greta Thunberg, Luisa Neubauer und zwei weiteren Aktivistinnen fotografiert. Die Nachrichtenagentur AP beschnitt das Foto, daraufhin fehlte die einzige Klimaaktivistin mit dunkler Hautfarbe in der Version, die an die Zeitungen übermittelt wurde.
In einem Video, das Nakate darüber in den sozialen Medien veröffentlichte, fragte sie wütend: „Heißt das, dass ich als afrikanische Aktivistin keinen Wert habe? Oder dass afrikanische Aktivisten generell keinen Wert haben?“ Die Nachrichtenagentur habe „nicht nur ein Foto gelöscht (…), sondern einen ganzen Kontinent“.
Viele internationale Medien berichteten über Nakate und das beschnittene Foto. Sie nutzte die Aufmerksamkeit, um über die Herausforderungen des Klimawandels in Afrika zu sprechen. Der Kontinent leidet besonders unter Wetterextremen wie Dürren und Überschwemmungen, die immer häufiger werden. Hinzu kommt, dass die Regenfälle ihr bekanntes Muster ändern: Die Regenzeiten sind zum Teil heftiger, dauern kürzer oder fallen zugunsten längerer Trockenzeiten ganz aus.
Nakate schloss sich 2019 Fridays for Future an. In Interviews berichtet die Uganderin davon, wie sie zuvor im Gespräch mit ihrem Onkel verstanden habe, welche existenziellen Folgen der Klimawandel für die Menschen in Afrika hat: Ernten fallen aus, weil Bäuerinnen und Bauern nicht mehr wissen, wann Regen zu erwarten ist und sie aussäen müssen. Oder die Feldfrüchte vertrocknen auf dem Acker, weil die Sonneneinstrahlung zu intensiv geworden ist.
Die unmittelbare Folge ist Hunger, da die afrikanische Bevölkerungsmehrheit bis heute zum Überleben auf den Ertrag ihrer Felder angewiesen ist: In den Ländern südlich der Sahara sind knapp zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung im Agrarsektor beschäftigt, das sind mehr als 215 Millionen Menschen.
„Wie wollen wir Klimagerechtigkeit erreichen, wenn die Menschen aus den am stärksten betroffenen Gebieten nicht angehört werden?“
Afrikanischen Stimmen Gehör verleihen
Nakate gehört inzwischen zu den weltweit bekanntesten jungen Klimaaktivistinnen. Sie setzt sich vor allem dafür ein, afrikanischen Stimmen international Gehör zu verschaffen. Die Uganderin, die in der Hauptstadt Kampala aufwuchs und an der renommierten Makerere-Universität Betriebswirtschaft studierte, gründete die Bewegungen „Youth for Future Africa“ und „Rise up Movement“. „Wie wollen wir Klimagerechtigkeit erreichen, wenn die Menschen aus den am stärksten betroffenen Gebieten nicht angehört werden?“, fragte Nakate in ihrer Rede anlässlich der Verleihung des TIME CO2 Earth Awards im April 2023.
Die junge Afrikanerin fordert immer wieder Klimagerechtigkeit, also dass Chancen und Lasten des Klimawandels global gerecht verteilt werden. Außerdem verlangt sie von der politischen Elite das Ende aller Subventionen für fossile Energieträger und das Ende der Investitionen in fossile Energie. Mit ihren Forderungen wendet sie sich auch an afrikanische Politikerinnen und Politiker. Denn einige afrikanische Länder wollen in die Förderung fossiler Energieträger einsteigen. Das gilt beispielsweise für Nakates Heimat Uganda. Dort wird die Ölförderung voraussichtlich 2025 beginnen.
Nakate dagegen setzt auf eine grüne Energiewende. Beim ersten afrikanischen Klimagipfel im September 2023 in Kenia machten sich Nakate und andere Klimaaktivist*innen vehement dafür stark. Bei Demonstrationen auf Nairobis Straßen verlangten sie laut Medienberichten von den Staats- und Regierungschefs, sich wirklich auf die Seite der afrikanischen Menschen und ihrer Bedürfnisse zu stellen.
„Wir wollen Lösungen, die von afrikanischen Menschen, für afrikanische Menschen und zu afrikanischen Bedingungen erarbeitet werden“, wird Nakate zitiert. Nachlassen will sie nicht und ruft zu einer Massenbewegung für den Klimaschutz auf. Ihre Botschaft ist klar: „Wir dürfen nicht aufgeben.“
Vanessa Nakate in Kenias Hauptstadt Nairobi während des afrikanischen Klimagipfels im September 2023