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Nahaufnahme eines Kindes mit schwarzen Streifenmustern im Gesicht, das zur Seite blickt, mit verschwommenem Hintergrund. Estevam Costa/PR
Interview

„Nach der COP29 blickt die Welt jetzt nach Brasilien“

Die Weltklimakonferenz COP29 in Aserbaidschan ist mit geringem Fortschritt zu Ende gegangen. Jörg Linke, Leiter des GIZ-Kompetenzzentrums für Klimawandel, erklärt im Interview mit akzente, warum sich die Hoffnungen auf die nächste COP30 in Belém richten.

Interview: Friederike Bauer

Herr Linke, wie beurteilen Sie die Ergebnisse der COP29 in Aserbaidschan?

Manche sprechen von einem Misserfolg. Das sehe ich nicht so, denn ein wenig geht es immer voran. Aber ja, das Ergebnis hätte ambitionierter sein können und auch sein müssen. Der Fokus lag auf der Finanzierung, hier kam es zu einem Kompromiss. Zudem wurde ein gemeinsames Regelwerk für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt beschlossen. Diese Regeln gelten, wenn Länder für ihre Klimaziele zusammenarbeiten wollen, indem sie Minderungsleistungen von einem Land in ein anderes übertragen und dort anrechnen lassen. Der Ausstieg aus den fossilen Energien, der im Jahr davor bei der COP28 erstmals Niederschlag fand, steht so im Abschlussdokument nicht mehr drin. Das ist bedauerlich.

War die Stimmung bei der UN-Klimakonferenz entsprechend schlecht?

Die Stimmung bei den Side Events in Baku war durchaus gut; man hat dort sehr schön sehen können, was Staaten und Organisationen alles unternehmen, um den Klimawandel zu bremsen – zum Beispiel bei Mobilität und Transport, in der Landwirtschaft oder beim Bauen.

Bei den Verhandlungen hingegen gab es von Anfang an eine Lobby, die versucht hat, die Gespräche zu verzögern, Fortschritte zu verhindern und Formulierungen weichzuspülen. Das hat den Elan genauso gedämpft wie die Gewissheit, dass in Washington ein Regierungswechsel bevorsteht und die USA wahrscheinlich wieder aus dem Paris-Abkommen austreten.

Jetzt hoffen alle auf ambitioniertere Beschlüsse nächstes Jahr bei der COP30 in Brasilien. Zumal die Erdtemperatur weiter steigt. Die Weltorganisation für Meteorologie hat noch kurz vor der COP29 in Baku neue Rekorde gemeldet: In den Monaten von Januar bis September 2024 hat sie bereits eine um 1,5 Grad höhere Durchschnittstemperatur gemessen.

Sie erwähnten bereits den Kompromiss zur Finanzierung: Wie sieht dieser genau aus?

Das Ziel der Klimafinanzierung wurde verdreifacht, von 100 auf 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Ab 2026 sollen die reicheren Staaten deutlich mehr an die Entwicklungsländer für Klimaschutz und Klimaanpassung zahlen.

Neu ist, dass auch die Beiträge aller multilateralen Entwicklungsbanken miterfasst werden. Außerdem sind starke Schwellenländer wie China oder die Golfstaaten aufgefordert, ebenfalls zu zahlen. Das halte ich für richtig; die Welt entwickelt sich weiter und die Kräfte verschieben sich. Entsprechend sollten sich auch die internationalen Beiträge ändern.

Im Vorfeld der COP wurden 1,3 Billionen US-Dollar pro Jahr für die Unterstützung des Klimaschutzes und der Anpassung in Entwicklungsländern als notwendig berechnet. Das Ergebnis ist deutlich daruntergeblieben, aber dennoch ein wichtiger Meilenstein bei den Klimaverhandlungen. Als ferneres Ziel sind alle Akteure aufgefordert, die Klimafinanzierung für Entwicklungsländer bis 2035 auf 1,3 Billionen US-Dollar pro Jahr zu erhöhen.

Gibt es ein Ergebnis der COP29, das aus Sicht der GIZ besonders wichtig ist?

Ja, und zwar wurde neben dem schon Genannten eine Erklärung zur Reduzierung von Methan aus organischen Abfällen vorgelegt, der sich 30 Länder angeschlossen haben. Darunter befinden sich auch sieben der weltgrößten Emittenten von Methan. Demnach soll sich der Ausstoß von Methan bis 2030 um 30 Prozent verringern. Das ist bedeutsam und für die GIZ relevant, da wir hier für die Bundesregierung bereits aktiv sind. Man sagt immer, CO2 zu vermindern ist wie ein Marathon, Methan zu reduzieren wie ein Sprint. Weil sich hier in kurzer Zeit viel erreichen lässt. Es wäre wünschenswert, dass sich weitere Länder diesem Lauf anschließen würden.

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Jörg Linke wolterfoto.de/Norbert Ittermann

Jörg Linke, Leiter des GIZ-Kompetenzzentrums für Klimawandel