Südafrika

Medikamente auf Knopfdruck

Ein deutsch-südafrikanisches Bündnis geht neue Wege bei der unkomplizierten Versorgung von chronisch Kranken mit lebenswichtigen Medikamenten: Die Apotheke der Zukunft funktioniert fast wie ein Geldautomat.

Text
Brigitte Spitz
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Right ePharmacy

„Bin in zehn Minuten zurück“, steht auf dem Pappschild, das der Besitzer einer Imbissbude im Johannesburger Stadtteil Alexandra an seinen Verkaufsstand hängt. Er geht schnell über die Straße, um im Einkaufszentrum nebenan seine Medikamente abzuholen. Eine Textnachricht auf seinem Handy hat ihn daran erinnert, dass die für ihn lebenswichtigen Tabletten bereitliegen.

Ein Apotheker kommuniziert per Video-Schaltung mit dem Kunden.

Früher musste er jeden Monat zum Krankenhaus fahren, dort stundenlang anstehen und konnte nicht arbeiten: Das kostete ihn die Einnahmen eines Tages. Zudem war nicht einmal sicher, dass die nötigen Medikamente noch vorrätig waren, wenn er schließlich an die Reihe kam. Extrem lange Wartezeiten sind in Südafrikas Kliniken üblich, denn das Gesundheitssystem ist völlig überlastet. In dem Land mit rund 56 Millionen Einwohnern gibt es zu wenige Apotheken, Krankenhäuser, Ärzte und Ärztinnen angesichts von 20 Millionen chronisch Kranken. Sie leiden an Diabetes, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder sind mit HIV infiziert. Mehr als sieben Millionen Menschen sind in Südafrika von der Immunschwäche betroffen, fast 13 Prozent der Bevölkerung. Ihnen stellt der südafrikanische Staat kostenlos eine spezielle Kombination von Medikamenten zur Verfügung. Sie drängen das Virus zurück und ermöglichen den Patientinnen und Patienten ein weitgehend normales Leben. Doch dazu müssen sie die antiviralen Mittel problemlos bekommen und regelmäßig einnehmen.

Unkomplizierte medizinische Versorgung

Im Ballungsgebiet von Johannesburg sorgen seit 2017 neue Medikamenten-Automaten (Pharmacy Dispensing Units – PDU) für die unkomplizierte Versorgung von chronisch Kranken. Diese Innovation ist das Ergebnis der Zusammenarbeit des deutschen Automatenherstellers MACH4 mit Right e-Pharmacy, dem kommerziellen Arm der südafrikanischen Nichtregierungsorganisation Right to Care. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH koordiniert das Projekt im Rahmen des develoPPP.de-Programms. Damit fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das Engagement der Privatwirtschaft dort, wo unternehmerische Chancen und entwicklungspolitischer Handlungsbedarf zusammentreffen.

Ein Apotheker erklärt den Medikamenten-Automat.

In drei dicht bevölkerten Stadtteilen von Johannesburg können Patient*innen inzwischen ihre Arzneimittel an 16 Automaten in vier Einkaufszentren abholen. Rund 25.000 Menschen haben dieses Angebot bereits genutzt. Für sie hat sich die Wartezeit bei der Medikamentenabholung von mehreren Stunden auf unter fünf Minuten verkürzt. Zudem wurde die Anzahl der Patient*innen, die nun qualifiziert beraten werden, um 79 Prozent gesteigert. In einem zentralen Callcenter stehen Pharmazeut*innen bei Fragen und Problemen zur Verfügung, das ist in den Ausgabe-Stellen der Kliniken so nicht immer der Fall.

Einfach wie ein Geldautomat

Das neue Medikamenten-System ist einfach. Die registrierten Patient*innen können sich hinter einem Sichtschutz an dem kompakten Automaten mit einer speziellen Chipkarte anmelden, ganz ähnlich wie bei einem Geldautomaten. Ansprechpartner*innen erscheinen per Video-Schalte in das Beratungszentrum auf dem Display und fragen nach einem Datenabgleich nach möglichen Gesundheitsproblemen. Ist alles in Ordnung, wird ein elektronischer Greifarm in Bewegung gesetzt, der das entsprechende Medikament aus einer Ablage auf ein Förderband legt. Dort wird es mit einem personalisierten Etikett versehen, über einen Bildschirm kontrolliert und dann über das Ausgabefach ausgehändigt. Dabei bekommen die Kund*innen auch einen Zettel mit dem nächsten Abholtermin. Zudem werden sie auch per SMS informiert. Die Automaten werden entsprechend zeitnah befüllt. Das und die Unterbringung in Einkaufszentren dienen dem Schutz vor Einbrüchen.

Zurück zum Automaten im Johannesburger Stadtteil Alexandra: Der Imbiss-Buden-Betreiber greift in das Ausgabefach und nimmt seine Pillen, geht über die Straße, hängt das Pappschild ab und öffnet nach wenigen Minuten wieder seinen Verkaufsstand.

Kontakt: Daniela Rudner, daniela.rudner@giz.de

Juni 2019

Pharmacy Dispensing Unit (PDU in Alexandra with all Sponsors