Dr. Norman Nausch ist Biologe mit den Spezialgebieten Immunologie und Mikrobiologie. 2020 wechselte er aus der Forschung in die GIZ, wo er heute die Schnell Einsetzbare Expertengruppe Gesundheit (SEEG) interimsweise leitet.
„Wir bereiten den Weg für langfristige Veränderungen“
Norman Nausch ist Leiter der Schnell Einsetzbaren Expertengruppe Gesundheit (SEEG). Im Interview erläutert er die aktuellen Schwerpunkte ihrer Arbeit und wie sie auf die UN-Nachhaltigkeitsziele einzahlen.
Während der Corona-Pandemie hat die SEEG geholfen, die medizinische Labordiagnostik weltweit zu verbessern. Haben sich die Schwerpunkte Ihrer Arbeit inzwischen verändert?
Mit dem Abflauen der Covid-19-Pandemie konnten wir uns neuen Fragestellungen zuwenden. Ein wichtiges Thema ist etwa die aviäre Influenza, auch Vogelgrippe genannt. Sie stellt momentan besonders in Westafrika und Südamerika ein großes Problem dar, da diese Regionen bislang noch nicht beziehungsweise noch nicht in diesem Maße von dieser Infektionskrankheit betroffen waren. Dort, wo sie auftritt, sind sowohl Wildvögel als auch die Geflügelzucht betroffen. Viele Tiere verenden oder müssen getötet werden, mit entsprechenden ökonomischen Folgen für die Geflügelhalter*innen. Die Krankheit betrifft zwar vor allem Geflügel, sie kann aber auch auf den Menschen überspringen. Solche Zoonosen nehmen allgemein zu. Deshalb befassen wir uns verstärkt auch mit Tiergesundheit und kooperieren dafür neben unseren bewährten Partnern vom Robert Koch-Institut, dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und der Charité Berlin mittlerweile auch mit dem Friedrich-Loeffler-Institut.
Was bedeutet das konkret?
Wie bei Covid unterstützen wir unsere Partner dabei, Labore für die Diagnose und Sequenzierung der Vogelgrippe aufzubauen oder zu verbessern. Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Umgang mit Ausbrüchen. Hier hängt der Erfolg maßgeblich davon ab, wie gut einzelne Regierungsstellen zusammenarbeiten. In Ecuador vernetzen wir beispielsweise Akteure aus dem Landwirtschafts-, Gesundheits- und Umweltministerium und erarbeiten gemeinsam Strategien, um die Vogelgrippe zu überwachen oder einzudämmen.
Ein wichtiges Nachhaltigkeitsziel der UN besteht darin, Ungleichheiten zu verringern. Dafür steht das SDG 10. Welchen Beitrag leistet die SEEG dazu?
In vielen Ländern bestehen erhebliche regionale Unterschiede, wie gut medizinische Diagnostik verfügbar ist, meist sind Labore auf Hauptstädte konzentriert. Wir fokussieren uns darauf, sie stärker zu regionalisieren, um die Bevölkerung außerhalb der Metropolen besser zu versorgen. Das gilt für die Humanmedizin ebenso wie für die Veterinärmedizin. Die Geflügelzucht etwa ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in ländlichen Regionen. Präventive Maßnahmen gegen die Vogelgrippe tragen dazu bei, die Existenzgrundlage der Menschen zu sichern.
Wie schätzen Sie die Wirkung Ihrer Arbeit ein?
Unsere Trainings- und Beratungseinsätze sind kurzfristig angelegt, direkte strukturelle Veränderungen können wir nicht bewirken. Wir geben aber auch Anstöße und Ideen weiter, die von unseren Partnern aufgegriffen werden. Durch unsere Arbeit sind schon etliche Folgeprojekte entstanden. Die Resonanz ist insgesamt sehr positiv.