Die GIZ verknüpft in den Sundarbans den Schutz der Biodiversität mit der Stärkung der Lebensgrundlagen der Menschen. Das Projekt „Förderung des Managements der Sundarbans-Mangrovenwälder“ und das Folgevorhaben werden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert. Politisch unterstützen es das Ministerium für Umwelt, Wald und Klimawandel in Bangladesch und die Forstbehörde des Landes. Die Sundarbans-Ranger*innen der Forstbehörde wurden im Anwenden des innovativen Managementinstruments SMART geschult. Damit können Daten über Biodiversität, Patrouillenrouten und Verstöße gegen Schutzvorschriften erhoben, gespeichert und ausgewertet werden. Die Teams wurden auch mit digitalen Geräten ausgestattet.
Die Hüter*innen der Sundarbans
Im größten Mangrovenwald der Erde setzen sich Ranger*innen der Forstbehörde von Bangladesch für den Erhalt der Biodiversität ein. Digitale Werkzeuge helfen ihnen, das UNESCO-Weltnaturerbe zu schützen. Deutschland unterstützt das südasiatische Land dabei.
Vorsichtig geht die kleine Gruppe durch das wild wuchernde Grün. Die Männer setzen Schritt vor Schritt, schauen nach links und rechts, hören auf jedes Geräusch. In der Ferne knackt es im Unterholz. Einer späht durch das Fernglas. Jeden Augenblick müssen die Ranger aufmerksam sein, denn sie sind im Revier des Königstigers unterwegs.
Tag für Tag patrouilliert Robiul Islam mit seinem Team durch das Chandpai-Areal, ein Schutzgebiet des Königstigers in den Sundarbans. Hier, in den riesigen Mangrovenwäldern am Golf von Bengalen, leben noch einige Hundert der seltenen Tiere. Nirgendwo sonst findet man diese Raubkatzen in Mangrovengebieten.
Der „schöne Wald“, so die wörtliche Bedeutung des Namens Sundarbans, erstreckt sich über unzählige Inseln. Flussläufe und Kanäle umfließen die Mangroven. Ein einzigartiger Lebensraum in Bangladesch und im benachbarten Indien. Mit rund 10.000 Quadratkilometern ist der Wald insgesamt fast so groß wie Jamaika. Laut UNESCO sind die Mangroven der Sundarbans eines der biologisch produktivsten Ökosysteme der Welt.
Diese vielfältige Inselwelt zwischen Süß- und Salzwasser bietet vielen seltenen Pflanzen und Tieren eine Heimat. Etwa der Nördlichen Batagur-Flussschildkröte – ihr wissenschaftlicher Name lautet Batagur baska. Im Karamjal Wildlife Breeding Centre ziehen Ranger*innen der Forstbehörde ebendiese vom Aussterben bedrohten Schildkröten auf.
Robiul Islam ist rund 20 Kilometer Luftlinie von seinen Kolleg*innen von der Karamjal-Aufzuchtstation entfernt. Er leitet die Forststation Dhansagar im Herzen der Sundarbans. Er ist einerseits dafür da, die Schätze des Waldes – die Tiere und Pflanzen – zu schützen. Und andererseits den Menschen, die auf die Ressourcen für ihr Überleben angewiesen sind, einen kontrollierten Zugang zu gewähren. Der Stationsleiter stellt etwa Fischfanggenehmigungen aus. Denn Fischen ist für viele hier die wichtigste Einkommensquelle: Die Menschen leben in einer armen Gegend in einem der ärmsten Länder der Welt.
Der Forstbeamte achtet auch darauf, dass sich etwa Touristengruppen richtig verhalten. „Alle, die die Sundarbans besuchen, müssen sich an die Regeln halten. Es ist der Schatz unseres Landes und niemandes Privateigentum.“
Sein Team schreitet die Grenzen der Schutzzone ab. Etwa um zu sehen, ob Holzfäller oder Fallensteller unrechtmäßig eingedrungen sind. Dann sind Geldstrafen fällig. An diesem Morgen treffen sie auf niemanden, der dort nicht hingehört. „In den letzten Jahren hat sich das Verhalten deutlich geändert, da das Bewusstsein und das Wissen gestiegen sind“, sagt Robiul Islam. Dazu hat auch die Einbindung der lokalen Dorfgemeinschaften beigetragen, wie die Reportage „Mein Nachbar, das Weltnaturerbe Sundarbans“ beschreibt.
Leiter der Forststation Dhansagar, Robiul Islam, an seinem Schreibtisch
Smartphones und Drohnen zum Schutz der Biodiversität
Morgens und nachmittags machen sich die Forstleute auf den Weg. Einige sind für die Sicherheit zuständig und bewaffnet. Die Leitung sowie Wildtierbeobachter*innen und Datenerfasser*innen komplettieren das Patrouillenteam. Früher wurden alle Beobachtungen per Hand notiert. Jetzt sind die Ranger*innen mit Smartphones ausgestattet, so können Beobachtungen unmittelbar zusammen mit den dazugehörigen GPS-Daten notiert werden. Das ist alles Teil eines ökologischen Monitorings namens Spatial Monitoring and Reporting Tools (SMART, Räumliche Überwachungs- und Berichterstattungsinstrumente). Diese international anerkannten Instrumente des Naturschutzes wurden von der Forstbehörde Bangladeschs in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH eingeführt.
„Wir können jetzt genau erfassen, was wir entdeckt haben, können Fotos ergänzen und die genauen Ortsangaben“, erklärt Robiul Islam. „Die Daten werden überprüft und schließlich an die Forstbehörde in Dhaka übermittelt.“
Der Stationsleiter von Dhansagar ist einer der sogenannten Master-Trainer. Er wurde im Umgang mit dem SMART-System geschult und gibt sein Wissen an seine Kolleg*innen weiter. „Ich gehörte zu den ersten 16, die trainiert wurden. Inzwischen haben wir andere Kolleginnen und Kollegen im Feld ausgebildet und auch die Leute in der Forstbehörde.“ Längst kann er sich die Arbeit ohne die digitale Ausstattung nicht mehr vorstellen.
Dazu gehören auch Drohnen, die inzwischen von sechs ausgebildeten Piloten gesteuert werden. Sie sind besonders in engen Kanälen zwischen den Inseln der Sundarbans wichtig. „Dort kommen wir selbst mit kleinen Booten nicht hin. Mit den Drohnen können wir aber trotzdem diese abgelegenen Ecken überwachen. Das ist ein echter Vorteil dieser smarten Werkzeuge“, erklärt Robiul Islam.
An diesem Morgen sind die Ranger*innen ganz klassisch zu Fuß unterwegs. Sie entdecken Spuren von Axishirschen und einen Abdruck im Boden, der nicht auf Anhieb zu identifizieren ist. Alles wird ins Smartphone eingegeben und fotografiert. Nach vier Stunden geht es wieder zurück in die Station. Dort fällt die Anspannung langsam von den Beteiligten ab. Später am Tag geht es wieder los – und nie wissen sie, ob der Königstiger in den Sundarbans auf sie wartet.