„Hand in Hand arbeiten“
„Somaliland“ am Horn von Afrika ist eine besonders fragile Gegend. Warum gerade dort die Herausforderungen nur mit einem integrierten Ansatz angegangen werden können, erklärt Projektleiterin Carola von Morstein.
Frau von Morstein, die Bevölkerung von „Somaliland“ muss mit vielen Schwierigkeiten fertig werden. Was sind die größten?
Die größte Herausforderung ist sicherlich der Klimawandel. Die Folgen – also häufigere Wetterextreme – sind hier besonders spürbar. Hauptverursacher der Erwärmung sind die Länder des Nordens, aber der Klimawandel wird auch durch menschliches Handeln auf regionaler Ebene verstärkt. Damit meine ich vor allem das massive Abholzen in „Somaliland“. Die Bäume werden zu Holzkohle verarbeitet. Deren Verkauf ist eine wichtige Einnahmequelle. Das Geld fließt vor allem in den Konsum von Kath, einer weit verbreiteten Blätterdroge. Die zweite große Herausforderung ist das starke Bevölkerungswachstum. Schon jetzt ist das Land nicht in der Lage, sich selbst zu ernähren, „Somaliland“ ist weitestgehend von Importen abhängig.
Trotz der langen Trockenzeiten fördert die GIZ in einigen neuen Regionen von „Somaliland“ Landwirtschaft. Das wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich. Warum ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Es gibt hier kaum jemanden ohne Tiere. Die Landwirtschaft kann eine zusätzliche Überlebensgrundlage sein: Der Verkauf von Früchten und Gemüse kann Einkommen schaffen, die Stängel von Mais oder Sorghumhirse werden als Futter für Tiere genutzt, das Getreide zur Ernährung der Menschen. Seit der großen Dürre von 2017 erreichen uns viele Anfragen von Pastoralisten, also umherziehenden Hirten, die sich niederlassen wollen. Sie siedeln sich häufig in Dörfern an, in denen weitläufige Verwandtschaft lebt. Dort bekommen sie Land zur Verfügung gestellt. Aber sie haben mit der Landwirtschaft keine Erfahrung. Deshalb gibt es einen großen Bedarf an Beratung und Ausbildung.
Was ist bei der Landwirtschaft in „Somaliland“ zu beachten?
Wichtig ist, dass die Flächen nachhaltig bewirtschaftet werden, denn der Boden ist hier ein sehr kostbares Gut: Weniger als zehn Prozent der Fläche sind ackerbaulich nutzbar. Wir können diese Fläche nicht ausdehnen, wir können nur dafür sorgen, dass sie möglichst ressourcenschonend genutzt wird. Deshalb raten wir zum Beispiel dazu, nur biologischen Dünger und nur biologische Pflanzenschutzmittel einzusetzen.
Wie kann die Resilienz der Bevölkerung, also deren Widerstandskraft gegen Krisen, gestärkt werden?
Ein ganzheitlicher Ansatz ist die Antwort auf die Krisen und ihre Folgen. Wir verbinden verschiedene Aufgabenbereiche miteinander und schaffen Synergien. Um beispielsweise das Einkommen von jungen Erwachsenen zu verbessern, bieten wir berufliche Trainings an, besonders in der Landwirtschaft. Unser Landwirtschaftsteam arbeitet Hand in Hand mit Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Genderthemen beschäftigen – keine unserer Maßnahmen steht für sich allein. Wir halten es für wichtig, an verschiedenen Punkten gleichzeitig anzusetzen: bei der Ernährungssicherung, der Stärkung des Gesundheitswesens, der Beschäftigungsförderung und beim Katastrophenrisikomanagement. Hier versuchen wir, Grundkenntnisse darin zu vermitteln, wie man besser mit kommenden Katastrophen umgehen kann. Dürren zählen dazu, aber auch Überschwemmungen.