Sara Nuru erlangte 2009 als Gewinnerin von „Germany’s Next Topmodel“ Bekanntheit. Statt sich ausschließlich auf ihre Modelkarriere zu konzentrieren, widmete sie sich zunehmend sozialen und unternehmerischen Projekten. 2016 gründete sie gemeinsam mit ihrer Schwester Sali das Social Business nuruCoffee. Parallel dazu initiierte sie den gemeinnützigen Verein nuruWomen e.V., der bereits über 800 äthiopischen Frauen den Schritt in die wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichte.

„Jede Frau hat das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben“
Bekannt wurde Sara Nuru durch „Germany’s Next Topmodel“. Mittlerweile arbeitet sie erfolgreich als Unternehmerin und unterstützt dadurch Frauen in Äthiopien. 2018 ernannte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Sara Nuru zur Botschafterin für fairen Handel. In akzente berichtet sie, wie ihr Verein nuruWomen die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen stärkt.
Mit deiner Schwester Sali hast du 2016 das Social Business nuruCoffee gegründet. Mittlerweile engagiert ihr euch zudem sozial über nuruWomen. Wie hängen die beiden Bereiche zusammen?
Die ursprüngliche Idee zu nuruCoffee kam daher, dass wir nach einer Alternative zu ursprünglichen Spendenmodellen gesucht haben. Wir möchten durch wirtschaftliches Handeln etwas Gutes bewirken. Kaffee war für meine Schwester und mich naheliegend, weil unsere Eltern aus Äthiopien kommen und Kaffee das größte Exportgut des Landes ist. Außerdem hatte ich bereits vorher durch mein Engagement für die Stiftung „Menschen für Menschen“ Erfahrungen in dem Land gesammelt. Seit 2017 vertreiben wir über nuruCoffee fair gehandelten, biologisch angebauten Kaffee.
Erst nachdem wir nuruCoffee gestartet hatten, wurde uns bewusst, dass oftmals die Frauen die harte Arbeit im Kaffeeanbau machen, aber wenig Geld und noch weniger Gehör bekommen. Mit dem gemeinnützigen Verein nuruWomen möchten wir Frauen durch Mikrokredite eine Starthilfe geben, um ihr eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Aus jedem Päckchen nuruCoffee fließt ein Teil des Erlöses an nuruWomen.
Wieso ist Frauengesundheit in diesem Zusammenhang so wichtig?
Meine Schwester und ich sind innerhalb eines halben Jahres beide schwanger geworden. Unsere gemeinsamen Erfahrungen haben dazu geführt, dass wir uns gefragt haben, wie Schwangerschaften in Äthiopien ablaufen. Wie gut die Gesundheitsversorgung für Frauen in dem Land funktioniert. Mit Schrecken haben wir festgestellt, dass die Müttersterblichkeit extrem hoch ist. Das liegt vor allem daran, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung fehlt. Oft müssen Frauen tagelang laufen, um ein Krankenhaus zu erreichen – das ist natürlich eine extreme Belastung, wenn beispielsweise die Wehen eingesetzt haben.
Wie fördert ihr Frauengesundheit mit nuruWomen?
Wir bauen in Krankenhäusern Warteräume für Frauen auf, die hochschwanger sind. So können sie schon einige Tage vor der Geburt anreisen und müssen sich nicht erst auf den Weg machen, wenn die Wehen einsetzen. Außerdem stehen wir in engem Kontakt mit Krankenhäusern vor Ort und überlegen gemeinsam, welches Material benötigt wird. Wir finanzieren auch Schulungen für Hebammen, um die Kluft zwischen traditioneller und moderner Medizin zu schließen. Denn viele Menschen stehen der modernen Medizin eher kritisch gegenüber und greifen zu traditionellen Heilmethoden, die im Notfall jedoch oft nicht ausreichen. Wir möchten den Austausch zwischen werdenden Müttern und medizinischem Personal fördern, um Ängste abzubauen.

Sara Nuru

2018 ernannte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dich zur Botschafterin für fairen Handel. Wie sieht dein Engagement für das BMZ aus?
Mein Engagement für das BMZ umfasst verschiedene Bereiche. Ich nutze meine Reichweite, um über fairen Handel und nachhaltigen Konsum aufzuklären – sei es bei Veranstaltungen, in Interviews oder auf Social Media. Durch regelmäßige Projektbesuche, insbesondere in Äthiopien, informiere ich mich vor Ort über die Auswirkungen fairer Handelspraktiken und teile diese Erfahrungen. Zudem unterstütze ich BMZ-Kampagnen wie die „Initiative für fairen Handel“.
Ihr vergebt Mikrokredite an Frauen, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu stärken. Wie fördert ihr dadurch die Selbstbestimmung von Frauen?
Wir glauben, dass jede Frau das Recht auf ein eigenes Einkommen und ein selbstbestimmtes Leben hat. In Äthiopien werden Frauen oft nicht als kreditwürdig angesehen oder müssen sehr hohe Zinsen zahlen. Deshalb haben sie wenig Chancen, sich etwas Eigenes aufzubauen. Über unsere Mikrokredite helfen wir ihnen dabei, ein eigenes Einkommen zu generieren, zum Beispiel durch den Verkauf von Nutztieren oder Backwaren.
Wie läuft die Vergabe von Krediten ab?
Für die Vergabe von Krediten haben wir Frauengenossenschaften gebildet, denen wir Geld zur Verfügung stellen. In Eigenverantwortung vergeben diese Genossenschaften Kredite und überprüfen auch die Rückzahlungen. Unsere Kredite liegen zwischen 250 und 400 Euro – je nach Businessmodell. Die Frauen zahlen den Kredit innerhalb von etwa zwei Jahren zurück. In fünftägigen Schulungen lernen Frauen, die eine Geschäftsidee haben, das Konzept der Mikrokredite kennen. Andere Frauen, die ihre Geschäftsmodelle bereits umgesetzt haben, teilen dort ihre Erfahrungen und geben Tipps. Außerdem treten sie als Bürgen ein, falls eine Frau das Geld nicht zurückzahlen kann. Das führt zu einem gewissen sozialen Druck, aber auch zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Frauen.
Die Tatsache, dass sie sich ihren Wohlstand durch die Kredite selbst erarbeiten, kommt bei den Frauen sehr gut an. Anders als bei Spenden sind diese Frauen so in der Lage, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein.