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Hohe See: Helden der Meere
Hintergrund

Hohe See: Helden der Meere

Die Hochsee ist ein Ort voller Geheimnisse – sogar weniger erforscht als der Weltraum. Ihre Bewohner sind essenziell für den Erhalt der Biodiversität. akzente erklärt, warum.

Text: Ulrike Scheffer Illustrationen: Midjourney

Der Ozean ist Lebensraum unzähliger Arten. Die Erwärmung der Meere durch den Klimawandel, die massive Verschmutzung und die industrielle Fischerei gefährden diese Vielfalt. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bis Ende des Jahrhunderts rund die Hälfte aller Meereslebewesen vom Aussterben bedroht sein könnte. Dabei haben viele Arten eine außerordentliche Bedeutung für funktionierende Meeresökosysteme und für uns Menschen.

Meeresschildkröte

Meeresschildkröten wirken behäbig, doch sie sind exzellente Schwimmer. Die bis zu zweieinhalb Meter lange Lederschildkröte etwa ist ein wahres Langstreckenwunder. Sie fühlt sich vor Norwegen ebenso zu Hause wie an der Südspitze Afrikas. Meeresschildkröten werden auch als „Rasenmäher der Meere“ bezeichnet, denn sie ernähren sich von Seegräsern. So unterstützen sie die Erneuerung der Vegetation. Alle sieben Meeresschildkrötenarten stehen unter Schutz. Trotzdem sind sie vom Aussterben bedroht. Jedes Jahr verenden Zehntausende von ihnen, weil sie in Fischernetze geraten oder an den Haken sogenannter Langleinen hängen bleiben, die industrielle Fangflotten im Meer auslegen. Bedroht sind sie auch, weil Strände, an denen sie ihre Eier ablegen, bebaut oder von Tourist*innen bevölkert werden. Das ist verheerend, denn die Weibchen der meisten Meeresschildkrötenarten kehren zur Eiablage immer an den Strand zurück, an dem sie selbst geboren wurden.

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Meeresschildkröte

Europäischer Aal

Aale haben einen bemerkenswerten Lebenszyklus. Bevor sie sich durch europäische Flüsse schlängeln, legen sie viele Tausend Kilometer zurück. Denn geboren werden sie in der sogenannten Sargassosee in der Nähe der Bahamas. Etwa drei Jahre brauchen die Larven, um mit den nordatlantischen Strömungen die europäischen Küsten zu erreichen. Als junge Glasaale schwimmen die meisten flussaufwärts in Binnengewässer, wo sie viele Jahre leben. Zum Ablaichen wandern die Tiere am Ende ihres Lebens aber wieder dorthin zurück, wo sie geschlüpft sind. Ob diese außergewöhnliche Art den europäischen Gewässern erhalten bleibt, hängt also nicht nur von den Bedingungen in der fernen Sargassosee ab, sondern ganz wesentlich auch von denen an europäischen Küsten und in den Flüssen.

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Europäischer Aal

Wal

Die größten Meeressäuger, die Wale, sind in allen Weltmeeren unterwegs. Wenn sich eines dieser teils tonnenschweren Tiere aus dem Wasser erhebt, ist das faszinierend. Wale sind aber auch außerordentlich wichtig für den Erhalt des Ökosystems Meer und für die Regulierung des globalen Klimas. Beim Auf- und Abtauchen durchmischen sie die Wasserschichten und bringen wichtige Nährstoffe an die Meeresoberfläche. Dieser Vorgang wird „Walpumpe“ genannt. Mit ihrem Kot düngen sie das Meer und tragen so dazu bei, dass dort neues Leben entstehen kann. Wale nehmen beim Fressen außerdem große Mengen Kohlenstoff in sich auf. Nach ihrem Tod sinken die Kadaver zum Meeresboden hinab. Der Kohlenstoff bleibt in den Walknochen gebunden – so kann sich daraus kein klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) bilden.

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Wal

Hai

Haie haben einen schlechten Ruf als gefährliche Raubfische, doch sie sind wichtig für die Ökologie der Meere. Indirekt leisten Haie beispielsweise einen Beitrag zum Schutz von Korallen, die vielen Arten einen Lebensraum bieten. Denn Korallen werden von Algen fressenden Fischen geschützt, deren Hauptfressfeind, der Zackenbarsch, wiederum zu den Beutetieren des Hais zählt. Je mehr Zackenbarsche ein Hai frisst, desto mehr Algenfresser überleben und bewahren Korallenriffe davor, an übermäßigem Algenbewuchs zu ersticken. Weltweit gibt es mehr als 500 Haiarten. Nur 60 Arten stehen seit 2022 unter Schutz. Alle anderen dürfen befischt werden. Das Fleisch, die Haut und die Flossen von Haien sind begehrt. Teilweise werden den Tieren bei lebendigem Leib die Flossen abgeschnitten. Sie verenden danach qualvoll.

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Hai

Thunfisch

Thunfische machen vor allem als Gejagte von sich reden. Aber sie sind auch selbst gute Jäger. Mit bis zu 80 Stundenkilometern stellen sie ihrer Beute nach. Im Schwarm überwinden sie große Distanzen. Forscher haben Blauflossenthunfische markiert und festgestellt, dass sie von den Bahamas aus bis nach Norwegen und Brasilien geschwommen sind. Doch der Thunfisch ist akut bedroht. Die Bestände sind in den vergangenen Jahren um bis zu 90 Prozent zurückgegangen. Denn trotz vieler Kampagnen und Appelle von Tierschutzorganisationen wollen Konsument*innen nicht auf den Verzehr des schmackhaften und fettarmen Fisches verzichten. Das Geschäft mit dem Thunfisch ist zudem äußerst lukrativ.

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Thunfisch