Die nationalen Klimaschutzbeiträge – Nationally Determined Contributions (NDCs) – sind das Herzstück des Pariser Klimaabkommens von 2015. Damit die darin völkerrechtlich verbindlich festgelegten Klimaziele erreicht werden, unterstützt die GIZ Länder weltweit dabei, ihre Verpflichtungen einzuhalten.
„Hier werden Natur- und Umweltschutz ernst genommen“
Bei Klimafragen ist Costa Rica Verbündeter Deutschlands. Ein Interview zur Weltklimakonferenz COP28 mit Andreas Villar, Koordinator des GIZ-Clusters für Klima und Biodiversität in dem zentralamerikanischen Staat.
Herr Villar, wie ehrgeizig ist Costa Rica bei der Dekarbonisierung?
Costa Rica hat schon früh NDCs, also nationale Klimaschutzbeiträge, verabschiedet, die international ihresgleichen suchen. Für 2050 werden Netto-Null-Emissionen angestrebt. Der Nationale Entwicklungsplan schreibt darüber hinaus das Ziel einer dekarbonisierten Industrie fest. Dieser Plan verknüpft die wirtschaftliche Entwicklung mit der ökologischen und sozialen Dimension, was genau dem Gedanken der nachhaltigen Entwicklung folgt. Costa Rica gilt zudem auf internationaler Ebene als Alliierter zum Voranbringen von Initiativen. Die Bundesregierung im Besonderen sieht das Land als Verbündeten bei Klimafragen. Costa Rica wird als eine Art Experimentierfeld für eine Wirtschaft gesehen, die komplett dekarbonisiert sein könnte.
Ist das Land insgesamt beim Klimaschutz Vorreiter?
Costa Rica ist schon seit den 1980er Jahren bei der Umwelt- und Energiepolitik sehr ambitioniert und bemüht sich um Nachhaltigkeit. 25 Prozent der Landesfläche stehen unter Naturschutz, insgesamt werden 50 Prozent Costa Ricas unter einem der vielen Schutzkonzepte protegiert. Mehr als die Hälfte des Landes ist nach großen Aufforstungsprogrammen bewaldet. Seinen Strom gewinnt Costa Rica zu über 90 Prozent aus erneuerbarer Energie, vor allem über Wasserkraft, aber auch aus Windkraft, Photovoltaik und Geothermie. Damit ist das Land weltweit Vorreiter. Auch bei der Umstellung des Verkehrssektors auf E-Mobilität ist es beispielhaft. Umwelt- und Naturschutz werden ernst genommen und in alle Politikbereiche integriert. Zudem lancierte die Regierung im Mai 2020 die Initiative „Costa Rica + Natura“, in der Biodiversität als zentrale Achse des costa-ricanischen Entwicklungsmodells definiert wird.
Kann denn ein so kleines Land wie Costa Rica Vorbild für andere, große Staaten sein? Inwieweit ist das Modell exportierbar?
Es hängt zwar vieles von den politischen und wirtschaftlichen Kontexten in dem jeweiligen Land ab. Aber wenn man hier grünen Wasserstoff produzieren kann, wie das in einem Pilotprojekt passiert, dann kann man das doch auch in Indien oder Brasilien tun. Dort könnte er dann in Industrie und Verkehr eingesetzt werden. Costa Rica hat sich in der Region und auf der internationalen Bühne als wichtiger Akteur in Umwelt-, Biodiversitäts- und Klimafragen positioniert. Die Ansätze und Erfahrungen des kleinen Landes werden regional wie international beachtet. Die Frage wird sein: Wie bekommt man die komplette Transformation zu klimafreundlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodellen hin. Das ist noch ein großes globales Experimentierfeld, und Costa Rica kann hier beispielgebend sein.
„Costa Rica verknüpft die wirtschaftliche Entwicklung mit der ökologischen und sozialen Dimension, was genau dem Gedanken der nachhaltigen Entwicklung folgt.“
Warum ist Kaffee auch im Klimakontext in Costa Rica so wichtig?
Kaffee ist schon seit dem 19. Jahrhundert das Aushängeschild des Landes. Weltweit verbindet man Kaffee mit Costa Rica. Er spielt auch deshalb eine Rolle, da der gesamte costa-ricanische Agrarsektor für 20 Prozent der Treibhausgasemissionen des Landes verantwortlich ist. Wir haben uns engagiert, um zu schauen, wie man die gesamte Produktionskette emissionsärmer gestalten kann. So haben wir den Kaffeebauern geholfen, auf Biodünger umzustellen, und das Pflanzen schattenspendender Bäume empfohlen, die auch Nährstoffe abgeben. Zudem kann man bei der Weiterbearbeitung des Kaffees – dem Waschen und Schälen der Bohnen – sparen. Hier ist der Einsatz von Strom und Wasser sehr hoch. Die GIZ hat dabei unterstützt, Finanzierungsmodelle zu entwickeln, die eine Umstellung auf effizientere und energiesparendere Anlagen ermöglichen.
Inwieweit hat die GIZ die Vorbereitungen Costa Ricas für die COP28 unterstützt?
Wir bieten den Mitgliedern der Delegation ein Briefing zu den Schwerpunktthemen an, die auf der COP verhandelt werden und besonders für Costa Rica relevant sind. Diese Veranstaltungen werden gut angenommen. Ein anderer Strang ist es, etwa 20 junge Costa-Ricaner*innen, die sich für Klimathemen interessieren und sich engagieren, während eines Jahres fortzubilden. Der Gedanke dabei ist auch, dass Jugendliche ihre Ideen zum Klimaschutz einbringen. Das ist ein Programm, das die GIZ gemeinsam mit dem costa-ricanischen Außenministerium, dem Climate Reality Project von Al Gore, UNICEF und weiteren nationalen und internationalen Playern unterstützt. Die beiden engagiertesten jungen Leute werden zur COP eingeladen und in die offizielle Verhandlungsdelegation Costa Ricas eingebettet. Das Projekt gibt es außer in Costa Rica noch in sieben weiteren Staaten Lateinamerikas.