Reportage

Im Dialog bleiben

Äthiopien, der große Binnenstaat am Horn von Afrika, ist ein wichtiges Partnerland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Das GIZ-Landesbüro in der Hauptstadt Addis Abeba wird von Peter Palesch geleitet. akzente hat einen Tag mit dem erfahrenen Landesdirektor verbracht, der auch in schwierigen Situationen gelassen bleibt.

Text
Bettina Rühl
Fotos
Mulugeta Gebrekidan

7:00 Uhr

7:00 Uhr

Peter Palesch blickt in die Ferne, schaut auf die Felder und Bäume, die den Lauf eines Flüsschens säumen. Einige Bauern sind schon bei der Arbeit, Greifvögel ziehen ihre Kreise. Der GIZ-Landesdirektor tritt jeden Morgen kurz auf den Balkon seines Appartements im Zentrum von Addis Abeba. Ein ungewöhnlicher Ausblick in der sonst fast überall hektischen Vier-Millionen-Metropole. Palesch genießt diese Momente der Ruhe vor dem Beginn seines wie immer prall gefüllten Arbeitstages. Kurze Zeit später trifft er seinen Fahrer Yoseph Kassahun in der Tiefgarage, der ihn und eine Kollegin ins Büro bringt. Zu dieser Zeit ist der Verkehr noch nicht allzu dicht, die Fahrt durch das Zentrum mit seinen vielen Bürotürmen und den kleinen Geschäften dazwischen läuft fast störungsfrei.

7:45 Uhr

7:45 Uhr

Vor dem GIZ-Büro angekommen, einem modernen, rot verklinkerten Gebäude mit vielen Glasflächen, misst ein Pförtner – coronabedingt – die Körpertemperatur. Es ist alles okay. Zu Fuß geht es dann hinauf in den dritten Stock. Eine körperliche Herausforderung, ist Addis Abeba doch mit rund 2.200 Metern Höhe die höchstgelegene Hauptstadt Afrikas. Peter Palesch setzt sich schon seit längerem dafür ein, dass ein Aufzug gebaut wird. Er ist optimistisch, dass es noch in diesem Jahr mit dem Projekt aufwärtsgeht. Palesch denkt dabei vor allem an die Mitarbeitenden, die körperliche Beeinträchtigungen haben. Manche schaffen den täglichen Aufstieg nur dank der Hilfe von Kolleginnen und Kollegen, die sie dabei stützen. Im Büro angekommen, verschwindetPalesch erst einmal hinter dem Computerbildschirm: Die erste Stunde seines Arbeitstages ist immer dem E-Mail-Eingang gewidmet.

9:00 Uhr

9:00 Uhr

Peter Palesch trifft sich wie an jedem Morgen kurz mit dem Managementteam des Büros. Dazu gehört eigentlich auch seine Stellvertreterin, die gerade in Urlaub ist, außerdem der Leiter der Personalabteilung, der Sicherheitsberater und der Leiter der Verwaltungs- und Finanzabteilung. Heute bespricht die Runde Meldungen über kriminelle Überfälle in Addis Abeba und welche Vorkehrungen zu treffen sind. Außerdem geht es in der kurzen Besprechung darum, wie man eine größere Warenlieferung aus dem Zoll bekommt. Lange Wartezeiten bei der Ausstellung von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für GIZ-Mitarbeitende sind ein weiteres Thema.

9:30 Uhr

Nun sind die Verantwortlichen der Projekte in der umkämpften Region Tigray im Norden Äthiopiens dran. Seitdem in der Region Bürgerkrieg herrscht, tauscht sich die Runde wöchentlich über die aktuelle Lage aus. Bald steht der nächste Flug nach Mekelle an, in die Hauptstadt von Tigray: Weil Banküberweisungen wegen des Konfliktes nicht mehr möglich sind, muss jeden Monat ein „Bote“ bestimmt werden, der die Gehälter in bar in das dortige Büro bringt. Sobald der Name feststeht, muss dieser bei den Vereinten Nationen angemeldet werden, die regelmäßig in den Norden fliegen. Das Thema Geld beschäftigt das Team auch bei der Miete der Büroräume und Fahrzeuge in Mekelle, die ebenfalls noch bezahlt werden müssen.

10:00 Uhr

10:00 Uhr

Dagmawi Feleke kommt für das jährliche Mitarbeitergespräch zu Peter Palesch ins Büro. Feleke ist Leiter der Personalabteilung und schon seit vielen Jahren bei der GIZ. Das Landesbüro in Äthiopien hat mehr als 800 Mitarbeitende – viel Verantwortung für Dagmawi Feleke, aber auch für Peter Palesch. Nach dem eigentlichen Mitarbeitergespräch spricht Feleke noch an, dass die Preise in Äthiopien zuletzt stark gestiegen sind. Er schlägt vor, dass die GIZ ihre Gehaltsstruktur überdenkt, weil die Menschen sich immer weniger leisten könnten. Einige gute Leute seien schon von anderen Unternehmen abgeworben worden, warnt er. Die beiden sprechen auch über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für diejenigen, die für Projekte arbeiten, die bald auslaufen. Palesch bleibt mit seinem Team an beiden Themen dran und sucht nach Lösungen.

11:30 Uhr

11:30 Uhr

Peter Palesch arbeitet am Computer, bei offener Bürotür: ein bewusstes Zeichen an alle, dass er für jedes Problem ansprechbar ist. Einzig wenn er in einem Meeting ist, bleibt seine Tür zu. Durch Corona können seine Mitarbeitenden seltener vom direkten Austausch Gebrauch machen, sehr zum Bedauern von Palesch. Aber heute kommt Constanze Gütz herein, um mit dem Landesdirektor ein Problem mit ihrem Visum zu besprechen. Gütz arbeitet als sogenannte Travellerin in Addis Abeba: Eigentlich ist sie in der Zentrale in Eschborn tätig, derzeit befindet sie sich aber für einen mehrmonatigen Einsatz in Äthiopien. Sie unterstützt die Beschaffungsabteilung. Die Schwerpunkte der Arbeit der GIZ in Äthiopien sind Ausbildung und nachhaltiges Wachstum für gute Jobs; die Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“; Frieden und gesellschaftlicher Zusammenhalt.

12:00 Uhr

12:00 Uhr

Peter Palesch und Vertreter des äthiopischen Fußballbundes EFF (Ethiopian Football Federation) treffen sich im Konferenzraum des GIZ-Gebäudes und unterschreiben feierlich ein gemeinsames Projektvorhaben: Die GIZ wird die künftige Fußballakademie in Addis Abeba unterstützen. Gefördert werden Kinder, Jugendliche und die örtliche Gemeinde, um Sport für Entwicklung in der Akademie, dem „Center of Football Excellence“, zu etablieren. Die GIZ verpflichtet sich, die bestehende Fußballrasenfläche zu sanieren und zusätzlich Trainingsflächen sowie ein neues Fußballfeld anlegen zu lassen.

13:00 Uhr

13:00 Uhr

In einem italienischen Restaurant in der Nähe der deutschen Botschaft trifft sich Peter Palesch mit Benjamin Hecker, einem von drei Referenten für wirtschaftliche Zusammenarbeit der deutschen Botschaft. Palesch macht eigentlich keine Mittagspausen, Ausnahmen sind Arbeitsessen wie dieses. Mit Hecker diskutiert er über ein regionales Vorhaben der GIZ, in dem es um die bessere Steuerung von Migration am Horn von Afrika geht. Das Vorhaben läuft bereits seit 2016 und endet in diesem Jahr, soll aber in eine weitere Phase überführt werden. Eine Delegation der GIZ ist derzeit in Addis Abeba, um das vorzubereiten. Dazu sollen Ideen ausgetauscht werden – auch mit der deutschen Botschaft. Peter Palesch und Benjamin Hecker beginnen schon einmal mit diesem Austausch und bereiten gedanklich die weiteren Treffen vor.

14:30 Uhr

Zurück im Büro, taucht auf Paleschs Bildschirm eine Mitarbeiterin auf, die in der Zentrale in Eschborn sitzt. Sie unterstützt Führungskräfte in Personalfragen. Die beiden beraten darüber, wie sich das Landesbüro in der Planung langfristig etwas besser aufstellen kann: Wie können frei werdende Stellen früher besetzt, Führungskräfte besser weitergebildet werden? Außerdem beraten sie über die aktuelle Corona-Lage in Äthiopien und die Frage, welche Auswirkungen die in der GIZ geltenden Corona-Maßnahmen für das Landesbüro haben.

15:30 Uhr

15:30 Uhr

Projektleiter Markus Koerner und Peter Palesch treffen sich digital. Koerner ist unter anderem dafür zuständig, neue Wege zu finden, Land auch angesichts des Klimawandels nachhaltig nutzen zu können. Palesch trifft sich mit den 15 Mitarbeitenden, die ihm direkt unterstellt sind, alle 14 Tage zu Einzelgesprächen. Koerner ist einer davon und möchte über eine Bitte des äthiopischen Landwirtschaftsministeriums sprechen. Das Ministerium hat rund 35.000 Tablets von einem GIZ-fremden Vorhaben erhalten und erhofft sich nun Ideen, wie die kleinen Computer sinnvoll eingesetzt werden können. Koerner schlägt vor, damit künftig die landwirtschaftlichen Beraterinnen und Berater weiterzubilden, die landesweit eingesetzt werden. Bisher sind alle Schulungsmaterialien analog, die Digitalisierung könnte die Verbreitung des Wissens erleichtern.

17:00 Uhr

17:00 Uhr

Yoseph Kassahun wartet vor dem GIZ-Gebäude im Auto auf Peter Palesch. Der Fahrer sucht den Augenkontakt mit Palesch. Ein kurzes Innehalten, dann ein Nicken und die Fahrt nach Hause beginnt. Am Morgen haben sie die Strecke in nur zehn Minuten bewältigt. Jetzt, im nachmittäglichen Berufsverkehr, kann daraus auch leicht eine Dreiviertelstunde werden.

aus akzente 1/2022

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