Hintergrund
Ein Team, mehr Schlagkraft
Manchmal entstehen in Krisenzeiten die besten Ideen. Das gilt auch für die EU. Als gemeinsame Antwort Europas auf die Corona-Pandemie haben Kommission und EU-Mitgliedsstaaten im Frühjahr „Team Europe“ aus der Taufe gehoben. Alle unter einem Dach, Kräfte bündeln und gemeinsam Soforthilfen für Corona-geplagte Partnerländer organisieren – lautete in etwa die Devise. Das ist jetzt gut acht Monate her, seither hat sich daraus ein umfassender Ansatz mit Zukunftspotenzial entwickelt.
Beteiligt am ursprünglichen „Team Europe“ waren alle EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten und ihre Durchführungsorganisationen, darunter auch die GIZ, sowie verschiedene Förderbanken. Fast 36 Milliarden Euro wurden für Projekte und Programme rund um die Corona-Pandemie in Afrika, Asien und Lateinamerika verfügbar gemacht. Diverse multilaterale und bilaterale Organisationen, zum Teil allein, zum Teil im Verbund, führten und führen die Vorhaben durch. Die Besonderheit: Die Geber handeln gemeinsam, und die blaue EU-Flagge ist immer mit dabei.
„Nur als Team Europe können wir die globalen Herausforderungen meistern und der Welt zeigen, dass die EU mehr ist als die Summe ihrer Mitgliedstaaten.“
Martin Jäger, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Ein einheitliches Etikett
Damit gab es für die globalen Corona-Hilfen ein einheitliches Etikett, aber – und vielleicht noch wichtiger – auch bessere Koordinierung, abgestimmte Programmplanung, oftmals gemeinsame Durchführung und damit mehr Kohärenz und Wirksamkeit. Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, wertete „Team Europe“ entsprechend als Beleg für die „führende globale Rolle“ der EU bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. Doch dabei blieb es nicht, in der Folge entwickelte sich „Team Europe“ konzeptionell weiter. Das europaweite Vorgehen im Fall der Pandemie gab dem Anspruch, die EU möge nach außen hin geschlossener handeln und auftreten, eine neue Dynamik: Team Europe verleiht dem Konzept „Working Better Together“ mehr Schlagkraft und erhöht generell die Sichtbarkeit Europas. Aktuell werden „Team Europe Initiatives“ (TEI) entwickelt: Das sind Leuchtturm-Ansätze mit großem transformatorischen Potenzial, die jenseits der Corona-Hilfen in fast allen Partnerländern auch über Sektorgrenzen laufen. Ergänzt durch einen abgestimmten politischen Dialog zwischen der EU und ihren Partnern, bilden sie so etwas wie den festen Kern eines langfristigen gesamteuropäischen Außenhandelns.
Klima und Grüner Wiederaufbau im Fokus
Die EU-Kommission bat die Mitgliedstaaten um konkrete Vorschläge für solche Initiativen – und erhielt innerhalb kurzer Zeit fast 180 Anregungen. Meist zielen sie auf einzelne Partnerländer ab, werden in diversen Konstellationen und von gemischten Teams umgesetzt, verbinden Entwicklungszusammenarbeit und Privatwirtschaft, aber tragen alle ein europäisches Etikett.
Besonders im Fokus bei den bisherigen TEI stehen die Themen Klima und „Grüner Wiederaufbau“, Digitalisierung, Gesundheit, Handel, Migration, Governance sowie Frieden und Sicherheit. Regional beziehen sich die meisten der Initiativen auf Afrika, gefolgt von Lateinamerika und der Karibik. Rund zwei Dutzend davon sind bereits positiv von EU und Mitgliedsländern bewertet worden. Auch bei den deutschen Entwicklungsakteuren ist der Austausch dazu mittlerweile in vollem Gange, das heißt, „Team Deutschland“ engagiert sich rege für „Team Europe“.
Sichtbarer und wirksamer
Dass sich die EU bei ihren globalen Aktivitäten stärker aufstellen möchte, passt zum generellen Anspruch des aktiven Multilateralismus der Kommission. Aber es trägt auch dem Umstand Rechnung, dass sich der internationale Wettbewerb um Einflusssphären letzthin wieder verstärkt hat. Der Ansatz „Team Europe“ ist „ein gutes Modell für die künftige Zusammenarbeit“, beschreibt die zuständige EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, seinen Nutzen. Zwischen großen internationalen Mächten wie China oder den USA verschafft er mehr Sichtbarkeit. Die sei, so Urpilainen, „oft nicht besonders gut“, obwohl die EU und ihre Mitgliedstaaten zusammen weltweit die größten Geber öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit (ODA) sind.
Noch entscheidender ist aber, dass Europa mit vereinter Kraft mehr erreichen kann. Oder wie es Martin Jäger, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ausdrückt: „Wir brauchen eine ganzheitliche Entwicklungszusammenarbeit und müssen als Europäer an einem Strang ziehen. Nur indem wir als Team Europe handeln, können wir die globalen Herausforderungen unserer Zeit meistern und der Welt zeigen, dass die Europäische Union mehr ist als nur die Summe ihrer Mitgliedsstaaten.“
Akzente 12/2020