Gastbeitrag

Eine Partnerschaft fit für unsere globalisierte Welt

Ein Gastbeitrag von Sandra Kramer, Direktorin EU-AU-Beziehungen, West- und Ostafrika (DEVCO.D), Generaldirektion für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Europäischen Kommission

Ein blühendes, friedliches und stabiles Afrika ist ein wesentliches außenpolitisches Ziel der Europäischen Union (EU): Denn die EU ist auf vielen Gebieten Afrikas wichtigster Partner. Sie ist der größte Handels- und Investitionspartner und Hauptunterstützer einer Afrikanischen Freihandelszone. Im Jahr 2018 erreichte der Warenverkehr zwischen den 27 Mitgliedsstaaten der EU und Afrika einen Umfang von 235 Milliarden Euro. Das entspricht 32 Prozent des gesamten afrikanischen Handelsvolumens und übertrifft den Warenverkehr mit China (€ 125 Mrd.) und den USA (€ 46 Mrd.) bei weitem.

Sandra Kramer

Die EU liegt auch in Sachen Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika vorne. Niemand auf der Welt leistet mehr internationale Katastrophenhilfe, langfristige Entwicklungshilfe, unternimmt mehr für Konfliktprävention und Friedenskonsolidierung. Und die EU ist entschlossen, ihre Beziehung zu Afrika weiter zu stärken und zu vertiefen. Die Kommission unter Ursula von der Leyen hat Afrika zur strategischen Priorität erklärt. Im März 2020 unterbreitete die Europäische Kommission Vorschläge für eine umfassende Strategie mit Afrika. Darin werden fünf Schlüsselbereiche genannt, in denen die Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika in Zukunft vertieft werden soll, nämlich 1.) Grüne Wende und Energieversorgung, 2.) Digitale Transformation, 3.) Nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze, 4.) Frieden, Sicherheit, Governance und Stabilität und 5.) Migration und Mobilität. In diesem Papier werden vor allem Frauen und junge Menschen als Antrieb für Wachstum, Entwicklung und Friedensbemühungen ausgemacht.

Austausch und Dialog zwischen afrikanischen und europäischen Akteuren sind in diesem Jahr (trotz der schwierigen aktuellen Umstände) aktiv fortgesetzt worden, mit Vertretern des privaten und öffentlichen Sektors und der Zivilgesellschaft. Besonders hervorzuheben sind die regelmäßigen Gespräche zwischen Jutta Urpilainen, der EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaft, und Jugendlichen, um deren Wünsche an die Beziehung zwischen den Kontinenten zu ergründen. Nach umfänglichen Konsultationen soll die Strategie in absehbarer Zeit verabschiedet werden. Das genaue Datum steht wegen der Corona-Krise noch nicht fest.

Die Pandemie macht die Beziehung noch wichtiger

Nur zwei Tage nach der Veröffentlichung der EU-Vorschläge zur Strategie für Afrika wurde aus dem COVID-19-Ausbruch eine Pandemie. Inzwischen rechnen wir damit, dass Afrika südlich der Sahara seine erste Rezession seit 25 Jahren erlebt. Die Auswirkungen der Pandemie werden über Jahre zu spüren sein, vor allem in den krisenanfälligsten Staaten. Dabei stehen die unmittelbaren gesundheitspolitischen Maßnahmen sowie Pläne für einen sozio-ökonomischen Aufschwung ganz oben auf den Tagesordnungen,  sowohl der EU als auch der afrikanischen Staaten.

Vor diesem Hintergrund sind die Strategievorschläge der EU umso bedeutsamer. Im Juni hat der Europarat auf seiner Sitzung bestätigt, dass sie eine hervorragende Grundlage für eine neue, ehrgeizige Partnerschaft darstellen. Denn tatsächlich wird in dem Papier ja eine bessere Zusammenarbeit bei der Schaffung nachhaltigen Wachstums und neuer Arbeitsplätze gefordert, bei Schule und Ausbildung, bei Energieversorgung und digitalem Umbau. Und all das wird wichtiger denn je sein, um beiden Kontinenten zu einem Wiederaufschwung zu verhelfen. Außerdem verweist der Vorschlag auf die Bedeutung einer umweltpolitischen Wende, bei der  Artenschutz, Walderhalt, ein schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Klimaschutz eine besondere Rolle spielen.

Mittlerweile hat die EU, als globale Antwort auf die Corona-Krise, schon beträchtliche Summen zur Unterstützung Afrikas aufgeboten. Und sie hat mit dem Ansatz „Team Europe“ ihre nachdrückliche Unterstützung und Solidarität mit den afrikanischen Partnern in dieser beispiellosen Situation gezeigt. Die Reaktion auf die Corona-Krise bestätigt mithin, dass die EU langfristiges Interesse an Afrikas Stabilität und Wohlstand hat.

Aufschwung mit Zukunft

Das Corona-Virus kennt keine Grenzen. Solange es noch irgendwo auf der Welt existiert, bleibt es eine potenzielle Bedrohung für die öffentliche Gesundheit aller Länder. Der gemeinsame Kampf gegen die Pandemie liegt in unser aller Interesse. Die ökonomische Gefahr durch die Corona-Krise erfordert eine ebenso entschlossene Reaktion.

Natürlich waren und sind Notmaßnahmen und schnelle Unterstützung entscheidend. Wesentlich ist aber auch, dass wir in Europa, Afrika und überall auf der Welt diese Gelegenheit nutzen, den Wiederaufbau anders zu gestalten, es besser zu machen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, über die Krisen nachzudenken, die uns bevorstehen, wenn wir die Sicherheit unseres Planeten und unserer Völker nicht in den Mittelpunkt unserer Wachstumspläne stellen.

Es besser zu machen heißt nicht allein, die Krise abzumildern, sondern eine ganze Reihe von Möglichkeiten zu nutzen, die sich jetzt für den Umbau unserer Volkswirtschaften ergeben. Wir glauben, dass es keine nachhaltige wirtschaftliche Erholung geben kann, solange wir nicht auch über Schuldenschnitte und eine grüne Agenda nachdenken. Die EU unterstützt die von der Weltbank angeregte Initiative zur Aussetzung des Schuldendienstes nachdrücklich. Sie vertritt außerdem die Auffassung, dass Schuldenerlass mit Finanzierungs- und Investitionspaketen für unsere Partnerländer verbunden werden muss – und dazu die Verpflichtung zu einem grünen, nachhaltigen und inklusiven Wiederaufbau  gehören sollte.