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Ein Mann arbeitet mit einem Winkelschleifer
Reportage

Feuer und Wasser

Wassermanagement in einem der trockensten Länder der Welt hat viele Facetten. Der Jordanier Ammar Ali Zaid arbeitet, bis die Funken sprühen, um zu verhindern, dass kostbares Wasser im Wüstenboden versickert.

Text: Brigitte Spitz Fotos: Rajiv Raman

Was hat Fräsen oder Schweißen mit Jordaniens Wasserversorgung zu tun? Ammar Ali Zaid erklärt, wie die richtige Metallbearbeitung dramatischen Wasserverlust verhindern kann: „Dichte Leitungen sind das A und O.“ Der 33-Jährige ist bei Jordaniens Wasserbehörde angestellt. Und er weiß aus seiner täglichen Arbeit, wie wichtig perfekt verbundene Rohre für den Transport der kostbaren Ressource sind.

Noch führt marode Infrastruktur in einigen Regionen zu massiven Wasserverlusten. Dann spritzt das Nass ungenutzt auf den Wüstenboden. Bis zu 50 Prozent gehen wegen dieser Mängel stellenweise verloren. Und das in einem Land, das zu den wasserärmsten der Welt zählt und mit jedem Liter haushalten muss. Denn die Nachfrage kann nur zu etwa 60 Prozent gedeckt werden. Die Bevölkerung hat sich in den vergangenen 20 Jahren auf etwa elf Millionen Menschen verdoppelt. Bis zu einer Million Flüchtlinge hat Jordanien allein aus Syrien aufgenommen: immer mehr Menschen bei schwindenden Wasserreserven.

Länder-Wiki
Land: Jordanien
Hauptstadt: Amman
Bevölkerung: 11,3 Mio.
Rang im Human Development Index: 102 von 191 Staaten/Gebieten
Wasserstress-Score: 4,89 von maximal 5
Quelle: Weltbank; HDR

Was bedeutet Wassermangel in Jordanien im Alltag?

In weiten Teilen des Landes gibt es kein fließendes Wasser. Laster bringen daher einmal die Woche, manchmal auch seltener, Wasser in diese Regionen. Dort wird es dann lokal über Leitungen in die Tanks auf den Hausdächern gepumpt und die Menschen müssen es sich einteilen. Ist der Tank leer, müssen sie warten, bis der lokale Wasserversorger nachliefert – oder teures zusätzliches Wasser von privaten Anbietern kaufen. „Besonders arme Haushalte sind von der Wasserkrise betroffen, sie können sich das teure Wasser kaum noch leisten“, weiß Dirk Winkler von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Er leitet ein Wasserprojekt, das die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Jordanien umsetzt.

Winkler steht mit Ammar Ali Zaid in einer großen Werkstatt. Rundherum Werkbänke, Rohre, Schweißgeräte und Werkzeuge sowie Spiegel an den Decken. „Damit kann das Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen geübt werden und unten können es alle nachverfolgen“, erklärt Ammar Ali Zaid. Leitungswartung hat mitunter auch etwas Akrobatisches.

Die Halle ist das Herzstück des „Water Training Centers“ im Stadtteil Marka von Jordaniens Hauptstadt Amman. Die Flagge des Königreichs flattert auf dem ockerfarbenen Gebäude. Es ist das überbetriebliche Ausbildungszentrum für die gesamte Wasserbranche des Landes. Ursprünglich stand dort eine Pumpstation – ziemlich passend. Bereits vor der Jahrtausendwende war dort ein erstes, kleineres Zentrum für das Wassermanagement-Training errichtet worden. Doch der Ausbildungsbedarf für eine der wichtigsten Branchen des Landes konnte damit nicht gedeckt werden. Dabei ist es enorm wichtig, die knappen Wasserressourcen so effizient wie möglich zu bewirtschaften. Auch mit dem richtig ausgebildeten Personal.

Fortbildung für Frauen und Männer

Die Wasserbehörde Jordaniens hat gemeinsam mit der GIZ seit 2016 ein Konzept für ein modernes Trainingszentrum entwickelt. Das umfasste die architektonische Planung mit barrierefreiem Zugang zu allen Räumen, Sanitäreinrichtungen für Frauen und Männer, die Ausstattung mit passenden Maschinen und die Kursplanung. Dahinter stand immer die Frage: Was wird gebraucht? Dann wurde ausgebaut, Geräte wurden angeschafft und ein Schulungsprogramm entworfen. Neben der großen Werkstatt gibt es drei weitere Räume: für theoretischen Unterricht, IT-Kurse und Konferenzen. Der jordanische Minister für Wasser und Bewässerung sowie der deutsche Botschafter eröffneten schließlich 2021 das ausgebaute Trainingszentrum.

Jetzt werden dort Frauen und Männer aus der gesamten Wasserbranche Jordaniens ausgebildet. Von der staatlichen Behörde ebenso wie von den lokalen Wasserversorgern oder privaten Konstruktionsfirmen, die Leitungen bauen. Alle Wasserprofis wie Ammar Ali Zaid. „Das hier ist alles höchst professionell“, sagt er und strahlt. Er demonstriert hier und da ein Gerät und führt die Besucher*innen zusammen mit der Ausbildungsleiterin der Wasserbehörde, Ruba Jallad, durch das Zentrum. „In den vergangenen zwei Jahren haben wir schon 2.500 Menschen hier fortgebildet, rund 30 Prozent davon Frauen“, sagt Jallad stolz. Die Wasserwirtschaft ist eine Männerdomäne, daher ist der bisher erreichte Frauenanteil am Training beachtlich.

Vorbild für die gesamte Region

Das „Water Training Center“ in Marka ist für die gesamte wasserarme Nahostregion interessant. „Im nächsten Jahr soll es auch Trainings für Interessierte aus Irak, Ägypten und den Palästinensischen Gebieten geben“, sagt Ruba Jallad. Die Kurse, die unter anderem von einem Schweißexperten aus Deutschland geleitet werden, entsprechen den Vorgaben des „Deutschen Verbands für Schweißen und verwandte Verfahren“. Am Ende der Trainingseinheiten gibt es entsprechende Zertifikate.

Ammar Ali Zaid schwärmt von der Qualität der Ausbildung und von den Schweißtechniken für die verschiedenen Stoffe. „Gasschweißen, Lichtbogenschweißen und vieles mehr haben wir hier gelernt.“ Der junge Jordanier will – wie seine Kolleginnen und Kollegen – mit seiner Qualifikation dazu beitragen, den Wasserverlust in seiner Heimat zu reduzieren. Und das ist mehr als nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.

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Arbeiter mit Winkelschleifer

Ammar Ali Zaid, engagierter Absolvent von Trainingskursen

Alles fließt

Auf die personelle Leistungsfähigkeit im Wassersektor Jordaniens zielen und zielten die Projekte „Abwasserentsorgung, Abwasserwiederverwertung und Wasserversorgung“ und „Berufliche Aus- und Fortbildung für Jordanier und syrische Flüchtlinge“. Sie gehören zum umfangreichen Wasser-Portfolio der GIZ in Jordanien. Deutschland geht es darum, mit seinen Partnern den Wasserkreislauf des Wüstenstaats abzusichern: damit sich das Land den Herausforderungen von knappen Ressourcen, Klimaveränderungen und der Versorgung einer stark angewachsenen Bevölkerung stellen kann.

Kontakt: Dirk Winkler
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Wasserkanister auf dem Dach
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Frau und AArbeiter posieren in die Kamera

Ruba Jallad, Ausbildungsleiterin von Jordaniens Wasserbehörde, und Ammar Ali Zaid in der Werkstatt des „Water Training Centers“ in Marka

Zu folgenden Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen trägt das Vorhaben bei:
SDG 4: Hochwertige Bildung SDG 5: Geschlechtergleichheit SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen SDG 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur