Der digitale Kern der Lösung

Apps und Satellitenbilder – Lea Gimpel über Zukunftstechnologien und neue Denkansätze in der internationalen Zusammenarbeit.

Lea Gimpel, Projektleiterin Digitaler Wandel

Die Digitalisierung verändert die Welt – und sie verändert die internationale Zusammenarbeit. Dabei nutzen wir digitale Elemente in unseren Projekten schon lange: zum Beispiel, wenn ein Bildungsangebot über eine Onlineplattform mehr Menschen erreicht als auf herkömmlichen Wegen. Neu ist, dass digitale Anwendungen immer öfter der Kern einer Lösung sind, nicht nur ein Zusatz. So wie in Ecuador.

Dort bieten wir eine App zur Prävention von Gewalt gegen Frauen an. Das Problem ist in Ecuador weit verbreitet: Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass fast jede zweite bis dritte Frau Gewalt durch ihren Partner erlebt. Die App hat unter anderem eine Notruffunktion. Frauen können sie mit einem Fingertipp nutzen – unbemerkt von ihrem Peiniger. Zudem müssen sie sich nicht dafür rechtfertigen, die App herunterzuladen: Sie ist auf allen Geräten des nationalen Telefonanbieters vorinstalliert. Die App haben wir im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsam mit dem Unternehmen entwickelt. Partner spielen für uns eine wichtige Rolle: Das können sowohl Großunternehmen der Digitalwirtschaft als auch innovative Start-ups und technologieaffine Nichtregierungsorganisationen sein. 

Ernteschäden mit Satellitenbildern begutachten

Apps wie die für Ecuador sind dabei das eine. Bei vielen anderen Projekten geht es um Daten. In Südostasien beobachten wir mit Hilfe von Satellitenaufnahmen in fünf Ländern den Reisanbau. So kann man früher eingreifen, wenn eine Missernte absehbar ist, die die Nahrungsmittelsicherheit gefährdet. Außerdem bauen wir mit Partnern wie der Allianz eine Ernteversicherung für die Bauern auf. Die Daten ermöglichen es, die Versicherung günstiger anzubieten. Niemand muss mehr in die Region fahren, um einen Schaden zu begutachten – die Experten der Versicherung können einfach die Bilder auswerten. Das senkt ihre Kosten deutlich.

Bei Gesundheitsdienstleistungen ergeben sich ebenfalls neue Möglichkeiten: Projekte zum Krankenhausmanagement befassen sich damit, wie man Patientendaten besser er­mittelt und auswertet, aber auch Korruption bekämpft. Welche Diagnose hat jemand erhalten und welche Behandlung ist erfolgt? Welche Medikamente hat er bekommen und wie wurden sie abgerechnet?  

Auch über die Risiken reden

Die Digitalisierung bietet viele Anwendungsmöglichkeiten, aber sie ist kein Allheilmittel. Digitale Instrumente wie Apps oder Datenanalyse einzusetzen, ist nur sinnvoll, wenn man auch die gewünschte Zielgruppe erreicht. Viele Menschen haben noch immer keinen Zugang zum Internet. Außerdem kann nicht jeder damit umgehen. Deshalb entwickeln wir ein Angebot zum Aufbau von „E-Skills“, von Kenntnissen im Umgang mit digitalen Werkzeugen – vor allem für Frauen, die oft Gefahr laufen, digital abgehängt zu werden. Bildung ist seit jeher ein wichtiges Thema für die GIZ. Hier sieht man, wie die klassische Entwicklungszusammenarbeit und die Digitalisierung Hand in Hand gehen. 

Wenn man über Digitalisierung spricht, muss man natürlich auch über Risiken reden. Daten sollten verantwortungsvoll behandelt werden. Auch das Thema Überwachung begleitet uns – gerade in Staaten mit autoritären Regimen. Wir arbeiten häufig in Ländern, in denen der Datenschutz von deutschen Standards weit entfernt ist – für uns als Bundesunternehmen eine pro­blematische Situation. In solchen Fällen möchten wir künftig gern gezielt zum Datenschutz beraten. 

Der digitale Wandel bedeutet auch ein Umdenken in der internationalen Zusammenarbeit: Es geht nicht nur um Technologien – sondern auch darum, Lösungen gemeinsam mit Partnern und mit Blick auf die Nutzer zu entwickeln, flexibel zu sein und unsere Ansätze ständig zu verbessern.

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