Träume zum Anfassen Anstellung und werden in den Märkten weitergebildet. „Wir ver- suchen ihnen klarzumachen, wie wichtig ein dauerhaftes Arbeits- verhältnis mit allen Sozialleistungen ist“, betont sie. ALTERNATIVAS setzt an zwei entscheidenden Stellen der Migration an. Zum einen sollen junge Menschen Alternativen zum Aufbruch Richtung Norden aufgezeigt bekommen. Zum anderen sollen diejenigen, die zurückkommen, dabei unterstützt werden, sich wieder in der Heimat zu integrieren. Dazu tragen auch Ange- bote der psychosozialen Betreuung bei, unter anderem Spiel- und Kunsttherapien. Expertinnen und Experten helfen bei der Trauma- bewältigung oder beraten Familien zu Fragen rund um Migration, dem alles beherrschenden Thema im nördlichen Dreieck Zentral- amerikas.Viele Menschen haben kein anderes Ziel, als ihr Land zu verlassen. Sie fliehen vor Armut und Gewalt. El Salvador, Hondu- ras und Guatemala gehören mit ihren Mordraten zu den zehn ge- fährlichsten Ländern der Welt. Banden terrorisieren mit Schutzgel- derpressung und Zwangsrekrutierung die Bevölkerung. Allein im ersten Halbjahr 2019 zogen bis zu 500.000 Men- schen durch Mexiko Richtung Nordamerika, doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. Nach Angaben der Internationalen Organisa- tion für Migration ist der Korridor Mexiko die am meisten fre- quentierte und gefährlichste Migrationsroute der Welt. Menschen verdursten in der Wüste oder ertrinken im Grenzfluss Río Bravo. Auch die organisierte Kriminalität in Mexiko hat Migrantinnen und Migranten auf der 3.000 Kilometer langen Strecke im Visier. Nur ein kleiner Teil der Menschen erreicht dabei überhaupt das Ziel in den USA. Das weiß auch Veronica García. Und deswegen hat die junge Frau mit dem gewinnenden Lächeln andere Ideen für ihre Zu- kunft. An einem windigen Morgen sitzt sie auf den Holztribünen des kleinen Sportplatzes in Ahuachapán. Die Stadt liegt 100 Kilo- meter nordwestlich von San Salvador. Veronica García ist eine der Schülerinnen und Schüler im Jugendausbildungszentrum. Sie wurde wie die anderen von ihrer Lehrerin gebeten, eine „Mapa de Sueños“, eine Karte ihrer Träume, zu zeichnen. Wenn man sich die Bilder so ansieht, wünschen sich die jungen Leute eine Karri- ere etwa als Fußballer, wollen sich besser ernähren oder ihren El- tern ein vernünftiges Haus bauen können. Migration taucht als Wunsch für die Zukunft nicht auf. Auch bei der 19-jährigen Ve- ronica García nicht. Sie hat auf die bunte Pappe den Wunsch nach „mehr Selbstvertrauen“ geschrieben. Für sie stehen Arbeiten und Sparen im Vordergrund. García fand nach der Schule keine Arbeit, hangelte sich von ei- nem Gelegenheitsjob zum anderen und kokettierte ab und an damit, doch „in den Norden“ zu gehen. Wer keine Ausbildung hat, findet in El Salvador kaum einen Job. Wenn doch, verdient er den Min- destlohn von 300 US-Dollar im Monat. Aber das reicht nicht zum Leben und zum Sparen für eine Berufsausbildung, die in El Salvador meist teuer ist. Ihre Mutter redete Veronica die Migration aus. Als die junge Frau im Jugendausbildungszentrum von ALTERNATI- VAS hörte, wusste sie sofort: „Das will ich machen.“ Hier wird sie auf einen Job vorbereitet und kann Wissenslücken schließen. „Ich bin selbstbewusster geworden, kann mich präsentieren und traue mich, in der Öffentlichkeit zu sprechen“, sagt Veronica García. akzente 1/20 41 ) 1 4 . S ( Z I G , ) N E T N U , 0 4 . S ( A J E L L A C N O Í C A D N U F : S O T O F INTERVIEW MANUEL NOVOA GIZ-Migrationsexperte und Leiter des regionalen Programms ALTERNATIVAS Weshalb ist es wichtig, Migrantinnen und Migranten zu unterstüt- zen, die in ihre Heimat zurückkehren? Die Menschen haben oft Gewalt erfahren, sind desorientiert, ohne Geld und entwurzelt. Allein in El Salvador landen mitunter ein bis zwei Flugzeuge pro Tag mit „Retornados“. Und viele kommen mit Bussen an. Mehr als 18.000 Menschen kehrten in der ersten Hälfte 2019 nach El Salvador zurück. Davon waren gut drei Viertel Männer, fast ein Fünftel waren Kinder. Nach Guatemala und Honduras gingen in diesem Zeitraum fast 55.000 beziehungsweise knapp 60.000 Men- schen zurück. Das staatliche System nimmt die Rückkehren- den in der Hauptstadt auf, zahlt ihnen ein Ticket nach Hause und dann – rette sich, wer kann. Wir arbeiten an der Dezentralisierung von Dienstleistungen, damit die Menschen auch in ihren Herkunftsgemeinden betreut werden. Sie arbeiten auch mit jungen Menschen, die mit dem Gedanken spielen, nach Norden zu migrieren. Wie sieht das konkret aus? Wir können die Migration nicht abschaffen, aber wir können sie verändern. Wir wollen jungen Leuten zeigen, dass es auch vor Ort Möglichkeiten für eine gute Zukunft gibt. Wir versu- chen, Jugendliche mit Unterstützung von Partnern aus der Wirtschaft schnell in Lohn und Brot zu bringen. Sie sollen würdige Jobs bekommen. Erfolgreich Vermittelte sind Vorbilder. Zudem planen wir eine Kampagne, um den Menschen bewusst zu machen, was die Risiken der Migration sind. Wenn sie sich dann immer noch für die Auswanderung entscheiden, ist das ihre wohlüberlegte Entscheidung. Wir wollen ihnen sagen, dass sie ein Recht haben zu migrieren, aber eben auch das Recht, es nicht zu tun. Die junge Frau fühlt sich jetzt ihrem Traum, den sie aufgemalt hat, ein Stück näher. „Ich möchte Krankenschwester werden, aber dafür brauche ich zuvor eine Arbeit, um für die Ausbildung zu sparen. Ich weiß jetzt, dass ich sehr weit kommen kann und auch hier zu Hause eine Zukunft habe.“ —