Reportage A den Warsama kennt das Leid der Migranten auf ihrem Weg durch den Osten Afri- kas. „Ich habe gesehen, wie Menschen am Wegesrand tot zusammenbrechen – einfach, weil sie an Durchfall leiden oder dehydriert sind. Dabei muss daran doch niemand sterben“, sagt der Arzt aus Dschibuti bewegt. Ihm ist wichtig, dass er jetzt einen Beitrag leisten kann, um Migranten am Horn von Afrika zu schützen. Der 31-Jährige arbeitet für das Kran- kenhaus von Obock, einer kleinen Hafen- stadt im Norden Dschibutis. Hier liegt ei- nes der Flüchtlingscamps des Landes. Die Bab-al-Mandab-Enge am Roten Meer ist eine wichtige Transitroute: etwa für Flücht- linge aus Jemen, die vor dem Krieg in ih- rem Land über das Meer geflohen sind, oder für Äthiopier, die auf der Arabischen Halbinsel Arbeit suchen wollen. Oft haben sie sich skrupellosen Schleppern anver- traut, denen ein Leben nichts wert ist. Hilflose Menschen entlang der staubigen Piste Aden Warsama kümmert sich um schutzlo- se Kinder, Frauen und Männer. Er gehört zu einem mobilen medizinischen Team, das mit speziellen Krankenwagen entlang der Küste unterwegs ist und Hilfsbedürfti- ge betreut. Viele von ihnen haben Angst, sich an offizielle Stellen zu wenden, weil sie nicht legal eingereist sind. „Wenn wir sie sehen, geben wir ihnen als Erstes Wasser und fragen, ob sie medizinische Hilfe brau- chen“, erklärt der Arzt. Seit Ende 2017 gibt es in allen fünf Regionen Dschibutis solche mobilen Ein- heiten, die sich entlang der staubigen Pis- ten um gestrandete und hilflose Menschen kümmern. Im nur knapp eine Million Ein- wohner zählenden Kleinstaat Dschibuti kommen täglich mehr als 300 Migranten an, jährlich also mehr als 100.000 Men- schen. Das entspricht einem Zehntel der Gesamtbevölkerung des Landes. Viele der Migranten sind zwar nur auf der Durchrei- se, doch die Herausforderungen für Dschi- buti sind enorm. Die medizinischen Teams auf den Wüsten- straßen Dschibutis wurden vom Gesund- heitsministerium des Landes und der In- ternationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen organisiert. Die gesundheitliche Erstversorgung von Mi- granten ist Bestandteil eines umfassenden Programms, das menschenwürdige und ge- regelte Migrationsbedingungen am Horn von Afrika schafft. Die Deutsche Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH koordiniert dieses umfangreiche Vorhaben „Better Migration Management“ (BMM) der Europäischen Union und von fünf ih- rer Mitgliedsstaaten, darunter Deutsch- land. Die GIZ arbeitet daran gemeinsam mit weiteren namhaften Organisationen: Dazu gehören unter anderem die britische Bildungs- und Kulturorganisation British Council sowie Expertise France, die fran- zösische Organisation für Entwicklungszu- sammenarbeit. Insgesamt haben nach UN-Schätzun- gen am Horn von Afrika derzeit mehr als neun Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Sie fliehen vor Krieg, aber auch vor Hunger. Sie suchen politisches Asyl vor Verfolgung oder brechen auf, weil sie keine EU-TREUHANDFONDS Auf drei Regionen Afrikas zielt die außen-, sicherheitsstabilisierungs- und entwick- lungspolitische Initiative: das Sahel-Gebiet, das Horn von Afrika und Nordafrika. Der EU-Treuhandfonds für Afrika, der 2015 be- schlossen wurde, hat ein Volumen von 3,3 Milliarden Euro. Das Geld kommt Flüchtlin- gen, Migranten, Rückkehrern und jenen Menschen zugute, die trotz eigener Armut Menschen aufgenommen haben. Mit dem Treuhandfonds haben sich die EU, Deutsch- land und weitere europäische Länder zu- sammengeschlossen, um Leid in diesen Regionen zu lindern und besser wirkende Strukturen für legale Migration zu schaffen. www.ec.europa.eu/trustfundforafrica wirtschaftlichen Perspektiven haben oder an den Folgen der Klimaveränderungen leiden. Diese sogenannten gemischten Mi- grationsbewegungen (Mixed Migration Flows) prägen die Region im äußersten Osten Afrikas deutlich. Nur ein Bruchteil der Mi granten und Flüchtlinge macht sich auf den Weg nach Europa, die meisten bleiben in der Region. Doch am Horn von Afrika – einer der ärmsten Gegenden der Welt – sind der Schutz von Migranten und die Lebensgrundlage der Menschen oft mangelhaft, sowohl für Flüchtlinge und Mi granten als auch für Einheimische. Konflikte mit der Bevölkerung vermeiden So unterschiedlich die Bedingungen in den verschiedenen Ländern sind, für alle gilt: Alleine können sie die Herausforderungen der großen Migrationsbewegungen des 21. Jahrhunderts nicht bewältigen. Jedenfalls nicht, wenn die grundlegenden Menschen- rechte für Flüchtlinge und Migranten gel- ten sollen und Konflikte zwischen Einhei- mischen und Neuankömmlingen nach Möglichkeit vermieden werden sollen. Hier hat Deutschland gemeinsam mit an- deren europäischen Staaten und der EU Verantwortung übernommen. So auch im Sudan. Auch dieser ostafri- kanische Staat ist ein Ziel- und Transitland für Migranten. Sie kommen vor allem aus Eritrea, Äthiopien und dem benachbarten Südsudan. Viele halten sich nur Tage oder Wochen dort auf, andere bleiben auf Dau- er, manche als registrierte Flüchtlinge, manche ohne Papiere. Einige entscheiden sich für einen nicht legalen Status, weil Mi- granten im Sudan in Camps untergebracht werden. Dort fühlen sich die Menschen jedoch oft nicht sicher, sie fürchten sich vor Gewalt und Ausbeutung. Auch fehlen in den Camps Verdienstmöglichkeiten. Unter den widrigen Lebensbedingun- gen leiden vor allem die Schwächsten unter den Flüchtlingen: die vielen Kinder. Einige sind mit ihren Eltern unterwegs, andere werden in Camps zurückgelassen oder su- chen ganz alleine nach einem neuen Ort, an dem sie in Sicherheit leben können. ) S T H C E R N E T N U , 8 1 . S ( A P D / R E T S R O F A I O I G / E C N A I L L A E R U T C I P , ) E T T I M , 8 1 . S ( N E T R A G K R A M / O T O H P N U : S O T O F akzente 2/18 19